Fr, 25.11.2016 , 12:09 Uhr

München rüstet sich gegen die globale Erderwärmung

Starkregen und Sturzfluten – im Sommer dieses Jahres zeigte der Klimawandel mit einer Hochwasserkatastrophe in Bayern seine dramatischen Auswirkungen: Simbach wurde vom Inn überschwemmt. Das Bayerische Umweltministerium diskutierte am Freitag, dem Tag also, an dem die internationale Klimakonferenz in Marrakech (Marokko) zu Ende ging, über die Folgen des Klimawandels und wie man sich davor schützen kann. Auch München rüstet sich für die globale Erderwärmung.

 


Häuser liegen in Trümmern, Fenster sind zerborsten, LKWs stecken unrangierbar im Schlamm, Verkehrsschilder stehen meterhoch im Wasser. Bis heute sind im niederbayerischen Simbach die Folgen der Flut sichtbar. Was der Inn im Juni dieses Jahres den Simbachern mit seiner gewaltigen Überschwemmung antat, könnte auch in München Realität werden. Zudem warnen Fachleute und Politiker vor extremen Hitzewellen.

 

Am Wochenende hat das Bayerische Umweltministerium zusammen mit Wissenschaftlern auf die Ereignisse im Sommer zurückgeblickt und über Auswirkungen des Klimawandels diskutiert. Vor Ort waren neben Umweltministerin Ulrike Scharf auch Prof. Dr. Harald Lesch, Mitglied des Bayerischen Klimarats, sowie Umweltreferentin Stephanie Jacobs. Lesch warnte bei dem Treffen in der Münchner Residenz vor den Folgen der globalen Erderwärmung und erörterte mit den Teilnehmern Möglichkeiten zur Vorsorge – auch für die Stadt München. Es sollte „ein erster Schritt sein, um das Thema öffentlich zu diskutierten“, sagte Umweltministerin Ulrike Scharf.

 

 

 

 

München bereitet sich auf den Klimawandel vor

 

Denn auch für Bayern und München hat die Klimaerwärmung Folgen: „Seit 1960 hat sich die mittlere Temperatur in Bayern um 1,6 Grad erhöht“, sagte Prof. Lesch während des Symposiums. Die Konsequenz davon: Warme Luft verursacht mehr Verdunstung und das bedeutet mehr Niederschlag. München müsse sich auf Starkregen, einen steigenden Grundwasserpegel und Hitzewellen einstellen. „Gemeinsam wollen wir München auf den Klimawandel vorbereiten und dessen unvermeidbare Folgen für die Münchnerinnen und Münchner abmildern“, fügte Münchens Umweltreferentin Stephanie Jacobs hinzu.

 

 

Im Umweltausschuss wird deshalb gerade an einem Hochwassermanagement gearbeitet, das u.a. den Grundwasserpegel regelmäßig messen soll. Auch für Hitzewellen möchte sich die Stadt rüsten und den Bürgern eine alternative Trinkwasserversorgung zur Verfügung stellen. Dafür hat der Umweltausschuss ein Paket geschnürt, das die Installation sogenannter Gruppenzapfstellen in München vorsieht. Diese sollen die Münchner bei extremer Hitze mit ausreichend Trinkwasser versorgen. Insgesamt hat die Stadtverwaltung 97,9 Millionen Euro erhalten, um dem Klimawandel vorzubeugen. Nach drei Jahren soll eine Zwischenbilanz vorgelegt werden.

 

Indes konnte sich der Klimaexperte Prof. Lesch bei dem gemeinsamen Symposium den erhobenen Zeigefinger nicht verkneifen und wies auf die dramatischen globalen Auswirkungen hin: „Am Nordpol liegen wir derzeit 20 Grad über dem langjährigen Mittel.“ Die Menschheit verbrauche pro Jahr nicht die Ressourcen einer Erde, sondern rechnerisch von 1,6 Erden.

 

 

Deutschlandweite und globale Maßnahmen gegen den Klimawandel

 

In Marrakesch (Marokko) ging gerade die 22. UN-Klimakonferenz (22nd Conference of the Parties, kurz COP 22) zu Ende. Auf dem Tableau der zwei Wochen andauernden Verhandlungen stand die Umsetzung des Pariser Abkommens. Mit dessen Unterzeichnung hatte sich die Weltgemeinschaft vergangenes Jahr dazu bekannt, die globale Treibhausgasemission zu reduzieren und damit die vorschreitende Erderwärmung zu senken. Offen blieb im letzten Jahr die Frage nach dem Zeitraum. Antwort darauf gab nun der Klimagipfel in Marrakesch – zumindest in Teilen:

 

47 Staaten wollen ihre Energieversorgung bis 2050 ganz auf erneuerbare Energien umzustellen und damit komplett auf Kohle, Öl und Gas verzichten. Diese Ankündigung glich einem Paukenschlag, handelt es sich doch bei diesen 47 Ländern um die Mitglieder des sogenannten „Climate Vulnerable Forums“ (CVF): Ein Zusammenschluss von jenen 47 Ländern also, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind. Das ambitionierte Vorhaben des CVF soll dem „Zwei-Grad-Ziel“ des Pariser Abkommens Rechnung tragen.

 

Das „Zwei-Grad-Ziel“ wurde letztes Jahr von den 197 Mitgliedsstaaten der Klimakonvention der Vereinten Nationen ausgehandelt. Es sieht vor, dass sich die Erde bis zum Jahr 2050 um maximal zwei Grad mehr erwärmen darf, als sie es zur Zeit vor der Industrialisierung getan hat. Dass sich die Atmosphäre seit der Industrialisierung stetig erwärmt, gilt als erwiesen: Laut der US-amerikanischen Wetter- und Ozeanografiebehörde ist die Durchschnittstemperatur zu Land seit dem Jahr 1880 um knapp ein Grad gestiegen. Die Meere sind um etwas mehr als ein halbes Grad wärmer geworden.

 

 

Kohleverbrennung ist größter Feind des Klimas

 

Wie die anderen, vor allem die westlichen Länder, das „Zwei-Grad-Ziel“ erreichen wollen, blieb in Marrakesch unklar. Im Vorfeld ihrer Marokko-Reise sollten alle teilnehmenden Länder nationale Klimaschutzpläne ausarbeiten; Deutschland wollte mit dem „Klimaschutzplan 2050“ aufwarten. Dieser endete jedoch, aufgrund strittiger Fragen zum Ausstieg der Braunkohleverbrennung und einer entsprechenden Intervention des Wirtschaftsministers Sigmar Gabriel (SPD), zunächst nur in einer Kompromisslösung:

 

 

Zwar visiere auch Deutschland den Richtungspunkt an, bis 2050 den Treibhausgas-Ausstoß deutlich zu senken – und zwar um bis zu 95 Prozent verglichen mit der vorindustriellen Zeit. Jedoch sprach sich das Bundeskanzleramt gleichzeitig gegen eine gesetzlich festgeschriebene Treibhausgasneutralität sowie gegen eine rechtlich verbindliche Umstellung der Stromproduktion auf erneuerbare Energien aus. Die CSU hatte dies gar als „Wunschdenken“ betitelt.

 

Kohle spielt bei der Stromerzeugung eine besonders bedeutende Rolle: Über 50 Prozent des deutschen Stroms entstehen durch sie. Dabei ist es gerade die Verbrennung von Kohle, die die Erderwärmung so sehr befeuert. Im Gegensatz zu den erneuerbaren Energien, wie Wasser, Strom oder Wind, oder auch Biomasse, die aus Holz oder organischen Abfällen besteht und aus der ebenfalls Energie gewonnen wird, gehört Kohle zur Gruppe der fossilen Energie. Diese besitzen zwar eine hohe Speicherkraft, verursachen aber gleichzeitig einen extremen CO2-Ausstoß.

 

 

Umstellung auf erneuerbare Energien: Entwicklungsländer preschen vor

 

Um diesem Dilemma vorzubeugen, haben sich die 47 Staaten des „Climate Vulnerable Forums“ zusätzlich dazu verpflichtet, ihre Klimaschutzpläne mit Blick auf die Energieerzeugung gänzlich zu überarbeiten. Dass ein solcher Impuls gerade von den ärmsten Ländern der Welt ausgeht, wird als starke Botschaft der Klimaverhandlung von Marrakesch gewertet.

 

Immerhin konnte die 22. UN-Klimakonferenz den westlichen Ländern eine Entwicklungshilfe in Höhe von jährlich 100 Milliarden Dollar abringen, um die Energieerzeugung armer Staaten zu verbessern. Auch sollen westliche Firmen die hierfür nötige Technologie liefern. Deutschland hat seine Klimahilfen für „Dritte-Welt-Länder“ auf 50 Millionen aufgestockt.

 

Dass Entwicklungsländer derartige Förderhilfen sinnvoll nutzen, demonstriert das Gastgeberland der jüngsten Weltklimakonferenz höchstpersönlich: Marokko investierte das Geld in riesige Solarkraftbauten: Mit dem „Noor-Solarkomplex“ in Ouarzazate will das nordafrikanische Land den größten Solarpark der Welt erbauen und für 1,3 Millionen Menschen Strom erzeugen. Auch Umweltministerin Hendricks zeigte sich bei ihrem Besuch beeindruckt von dem Solarkraftwerk: „Die NOORo-Solarkraftwerke in Ouarzazate sind ein Wegweiser für die ganze Region.“

 

 

Das Ende vom Lied: Der Klimawandel ist kein Märchen

 

Die Ozeane werden wärmer, die polaren Eiskappen schmelzen, der Meeresspiegel steigt, die Permafrostböden tauen. Nachzulesen ist das im 5. Sachstandbericht des Weltklimarats der Vereinten Nationen. Zusätzlich wird das Wasser der Ozeane immer wärmer. Die Auswirkungen davon: Der Meeresspiegel stieg in den letzten 100 Jahren um 19 Zentimeter. Denn warmes Wasser dehnt sich stärker aus. Inselstaaten und niedrig gelegene Länder wie Bangladesch sind durch den Anstieg existenziell bedroht.

 

 

Die Schuldigen dieser Naturkatastrophe sind schnell gefunden: Treibhausgase, wie zum Beispiel
das Kohlendioxid. Die Gase werden durch die Verbrennung der fossilen Energieträger freigesetzt und vom Klimasystem aufgenommen, auch von den Meeren. Weil die Ozeane das ausgestoßene Kohlenstoffdioxid nicht filtern können, verändert sich deren PH-Wert. Der Säuregehalt steigt.

 

Zum Vergleich: Hat der weltweite Energieverbrauch vor 50 Jahren noch rund 11 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid pro Jahr verursacht, stieg die Bilanz seither dramatisch an*. Nämlich auf 36 Millionen Tonnen. Zu den größten CO2-Emittenten zählt China, danach kommen die USA, Indien, Russland, Japan und Deutschland.

 

Feststeht: Der Klimawandel wird die Münchner Stadtentwicklung vor große Herausforderungen stellen. Das Hochwassermanagement des Münchner Umweltausschusses ist hierbei nur ein erster positiver Schritt. Denn inzwischen ist sogar Donald Trump in Punkto Klima zurückgerudert und revidierte seine Aussage, die Chinesen hätten den Klimawandel erfunden.

 

Katharina Pfadenhauer

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