Überstunden, fehlende Anleitung, Zeit- und Leistungsdruck – in manchen Ausbildungsberufen in Bayern läuft es nach einer DGB-Befragung schon seit Jahren nicht rund. Der Gewerkschaftsbund will deshalb jetzt eine Anlaufstelle für die jungen Leute schaffen.
München – Nach Klagen über mangelnde Qualität und psychische Belastungen in der Berufsausbildung macht sich der Deutsche Gewerkschaftsbund in Bayern für ein Beschwerdemanagement stark. Jugendliche, die Probleme am Ausbildungsplatz haben, sollen so eine Anlaufstelle bekommen, an die sie sich anonym wenden können, sagte Bayerns DGB-Chef Matthias Jena am Mittwoch in München. Starten könnte das Beschwerdemanagement, mit dem Bayern eine Vorreiterrolle einnehme, voraussichtlich zum Beginn des nächsten Ausbildungsjahres.
Jena präsentierte den aktuellen DGB-Ausbildungsreport, für den gut 1200 Jugendliche befragt wurden. Zwar zeigten sich demnach drei Viertel der Azubis in Bayern mit ihrer Ausbildung zufrieden oder sehr zufrieden. Bestimmte Berufe wie Einzelhandelskaufleute, medizinische und zahnmedizinische Fachangestellte würden jedoch seit Jahren schlecht bewertet, erklärte Jena. Hier seien Azubis der Befragung zufolge vergleichsweise häufig von langen und ungünstigen Arbeitszeiten, häufigen und zahlreichen Überstunden oder mangelnder Anleitung betroffen.
Auch über psychische Belastungen klagten die jungen Leute vor allem in den schlecht bewerteten Ausbildungsberufen. Darunter seien Zeit- und Leistungsdruck, lange Fahrtzeiten und der Druck zu ständiger Erreichbarkeit.
Bei der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern sieht man keine besondere Häufung von Beschwerden. Angesichts des Fachkräftemangels seien die Unternehmen froh um jede Fachkraft und böten den jungen Leuten auch zunehmend Unterstützungsmöglichkeiten, sofern Defizite bestehen, sagte IHK-Ausbildungsexperte Thomas Kürn. Über das Beschwerdemanagement, an dessen Aufbau auch die Kammern beteiligt sind, solle ein niedrigschwelliges Angebot geschaffen werden, um bei Problemen frühzeitig Unterstützung leisten zu können.
Der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, Bertram Brossardt, erklärte, es sei «menschlich verständlich», dass sich Auszubildende durch neue Abläufe, den Lernprozess und die geforderte Disziplin am Arbeitsplatz belastet fühlen könnten. «Ganz allgemein gilt: die Ausbildung in Bayern befindet sich auf einem sehr hohen Niveau und ist ein Erfolgsinstrument, um das man uns weltweit beneidet.» Da für die Umfrage lediglich Azubis aus den am stärksten frequentierten Berufen befragt wurden, sei diese nur eingeschränkt aussagefähig.
(dpa/lby)