Di, 05.06.2018 , 09:18 Uhr

Warum noch immer so wenige Elektroautos gekauft werden

Autobauer müssen bald mehr Elektroautos verkaufen. Aber die Autokäufer zögern weiterhin. Ein Blick auf die Kundschaft zeigt, wo das Problem liegt.

 

München: Die Autofahrer in Deutschland können inzwischen unter 27 reinen Stromern wählen, vom Elektro-Smart bis zum Tesla. Der Staat lockt mit Kaufprämien und Steuernachlässen, die Kommunen mit Parkplätzen. Trotzdem fahren nur wenige auf das Elektroauto ab: Von Januar bis Ende Mai wurden in Deutschland rund 1,43 Millionen Benziner und Dieselautos neu zugelassen, aber gerade mal 14 583 E-Fahrzeuge. Wo hakt es?

 

„Wer zu Hause eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach hat und am Arbeitsplatz auch noch kostenlos laden kann, der fährt umweltfreundlich und günstig“, sagt Reinhard Kolke, Leiter des Technikzentrums des ADAC in Landsberg am Lech. Das Problem ist nur: Das ist eine kleine Minderheit.

 

Für die meisten Autofahrer dagegen ist ein Elektroauto heute teuer und unpraktisch. Bisher haben Behörden, Verbände und Firmen rund 70 Prozent der E-Fahrzeuge gekauft, so das Kraftfahrtbundesamt. Nur 30 Prozent der Kunden sind Privatleute. Und eher Hausbesitzer im Speckgürtel von Großstädten als Mieter und Laternenparker.

 

BMW gehört mit dem elektrischen i3 zu den Pionieren. „Den i3 haben am Anfang die Techis gekauft“ – die Technikbegeisterten, die immer das Neueste wollen, sagt Sprecher Wieland Bruch. Inzwischen überwiegen die Flotten- und Firmenkunden, die zeigen wollen, dass sie beim Thema E-Mobilität dabei sind. Auch als Mietauto „im Carsharing kommt der i3 sehr gut an“, sagt Bruch. „Toll finden die Leute die kraftvolle, lautlose Beschleunigung.“

 

Video: Im Sommer dieses Jahres testet Green City Projekte Elektro-Taxis im Stadtgebiet. Designt wurde das Fahrzeug von Peter Naumann. Die Stadt möchte mit dem Pilotprojekt auf den Umweltschutz aufmerksam machen.

 

 

Aber kaufen? Gerade mal 1620 BMW i3 sind in Deutschland bis Ende April neu zugelassen worden. Privatkunden machen nur ein Drittel der Käufer aus. Und von denen haben 90 Prozent mindestens zwei, oft sogar drei oder vier Fahrzeuge in der Garage.

 

Die erste große Hürde ist der hohe Kaufpreis der E-Autos. „Ein Opel Ampera kostet rund 43 000 Euro, ein vergleichbarer Astra 30 000 Euro“, heißt es beim ADAC. „Während der elektrische Peugeot iOn rund 22 000 Euro kostet, ist der vergleichbare Benziner 9000 Euro günstiger.“ Staat und Autobauer steuern zwar 4000 Euro Umweltprämie bei, „aber ein E-Auto bleibt immer noch teuer“. Auch geringere Betriebskosten können den Preisunterschied kaum mehr ausgleichen.

 

Ein E-Auto hat keinen Auspuff und weniger Verschleißteile, „die Werkstattkosten sind etwa 40 Prozent günstiger“, sagt Kolke. Der Fiskus hilft auch hier: Wenn Mitarbeiter in ihrer Firma kostenlos laden, müssen sie das nicht als geldwerten Vorteil versteuern. Und beim Dienstwagen wird die teure Batterie vom zu besteuernden Kaufpreis abgezogen. „Das macht viel aus“, sagt Bruch.

 

Im ADAC-Autokostenvergleich sind einige Stromer auf Augenhöhe mit Diesel und Benziner. Aber die Rechnung hinkt bei den Stromkosten pro Kilometer, denn Grundlage ist noch der alte NEFZ-Fahrzyklus. Fährt man dagegen auf der Autobahn 130 Stundenkilometer und beschleunigt mit Vollgas, dann verbrauchen E-Autos deutlich mehr Strom als angegeben, sagt Kolke.“ Der Unterschied zwischen Herstellerangaben und tatsächlichem Verbrauch ist bei Elektroautos viel größer als bei Benzinern oder Dieselautos. Wenn im Winter die Heizung an ist, kann die Reichweite um ein Drittel schrumpfen.“

 

Video: Uli Gehrhardt hat sich den smart fortwo Cabrio electric drive mal genauer angesehen.

 

Die Praxistauglichkeit ist die zweite Hürde. „Viele Kunden kommen im Alltag mit der Reichweite zurecht. Im Jahresdurchschnitt kommen sie 200 Kilometer weit“, sagt VW-Sprecher Christian Oemisch. Und für die Fahrt in den Urlaub stellt VW einen Benziner zur Verfügung – gratis.

 

Aber wo kann der Stromer laden, und wie lange? Rund 5000 öffentliche Ladesäulen gibt es heute in Deutschland. An einer Schnellladestation mit 50 Kilowatt lässt sich ein BMW i3 mit kleiner Batterie in einer halben Stunde auf 80 Prozent aufladen, sagt Kolke. Einen Opel Ampera mit großer Batterie an einer Station mit 4,6 Kilowatt Ladeleistung aufzuladen, dauert dagegen 15 Stunden.

 

Wer sich zu Hause eine Ladebox einbauen lassen will, braucht dafür ab 11 Kilowatt Leistung aber eine extra Genehmigung von seinem Stromversorger. Sonst fliegen alle Sicherungen raus, wenn in einem Mehrfamilienhaus acht Autofahrer nach Feierabend gleichzeitig laden.

 

«An einer normalen Steckdose kann man im Notfall mal laden, wenn nichts anderes mehr geht», sagt Kolke. Das dauert dann allerdings. Und diese Stromleitungen sind auch nicht für stundenlange Dauerlast ausgelegt – da kann es schon mal brennen.

 

Die Chefs der Autokonzerne reden zwar viel von den Kunden, die „stets im Fokus“ und „klar im Mittelpunkt unseres Handelns“ stehen. Aber die wenigsten Kunden haben ungeduldig darauf gewartet, dass sie endlich ein Elektroauto kaufen können. Die Konzerne müssen auf E-Autos umschwenken, weil die Politik in Europa und in China das so will. In einigen Jahren schon können Autofahrer ein viel besseres Angebot erwarten, mit Dutzenden neuen Modellen, sinkenden Preisen, höherer Reichweite. „Gut, dass die E-Technologie schnell Fortschritte macht“, sagt Bruch.

 

Von Roland Losch, dpa

E-Mobilität Elektroauto
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