Do, 16.08.2018 , 14:00 Uhr

Zu wenig Nonnen: Einheimische kämpfen für Kloster Reutberg

Wer will schon ins Kloster? Mangels Nachwuchs werden viele Konvente aufgelöst. Meist bekommt die Öffentlichkeit davon nichts mit. Zum zweiten Mal gibt es nun aber in Bayern Protest gegen eine Schließung. Unterstützer sehen eine Lösung: Mönche könnten zu den Nonnen ziehen.

 

Sachsenkam – Schwester Faustina mag den Rummel um ihre Person nicht. «Meine Aufgabe ist das Gebet.» Die Franziskanerin ist eine der beiden letzten Nonnen im Kloster Reutberg bei Sachsenkam. Wie gerade erst das Kloster Altomünster nahe Dachau soll der Konvent aufgelöst werden. Zuletzt im vergangenen Jahr, sagt Schwester Faustina, habe man ihr und ihrer 90 Jahre alten Mitschwester Augustina gesagt, sie solle sich mit ihrer Zukunft befassen: Seniorenheim, ein anderes Kloster oder der Austritt aus der Ordensgemeinschaft.

 

«Das Altenheim ist kein Kloster», sagt die 50-Jährige. Ein Kloster ohne Ordensleute wiederum habe seine Funktion verloren. Wenn es keine Nonnen mehr gebe, «ist das Kloster kaputt». Die Kirche brauche aber die Konvente. «Die kontemplativen Orden sind das Herz der Kirche.»

 

Das Erzbistum München und Freising sieht das Klosterleben ebenfalls als wichtig an, argumentiert aber, für den Fortbestand wären fünf Nonnen nötig. «In Reutberg gibt es keine Gemeinschaft mehr, die groß genug ist für ein funktionierendes Ordensleben», sagt Sprecherin Bettina Göbner über das Kloster im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. Der Versuch, Nonnen aus dem Salzburger Loretokloster zu holen, scheiterte. Auch dort lebten nicht mehr viele Ordensfrauen.

 

Es ist das zweite Mal in Folge, dass in Oberbayern eine Klosterauflösung nicht wie in vielen anderen Fällen geräuschlos und abseits der Öffentlichkeit vonstattengeht. Im Kloster Altomünster hatte eine Frau, die Nonne werden wollte, bis zuletzt in ihrer Zelle ausgehalten. Claudia Schwarz, Juristin und fest entschlossen, ihr weiteres Leben dem Glauben zu widmen, hatte sich durch verschiedene Gerichte und Instanzen gekämpft, um das Kloster zu erhalten. Als «Klosterbesetzerin» machte sie über Bayerns Grenzen hinaus Schlagzeilen. Am Ende beugte sie sich und zog aus.

 

Auch in Reutberg regt sich Widerstand. Hier kommt er stark von den Einheimischen. Mehr als 10 000 Menschen aus der Umgebung hätten für einen Erhalt des Klosters unterschrieben, sagt Gerald Ohlbaum, Vorsitzender des Vereins «Freundeskreis des Klosters Reutberg».

 

Das Kloster mit Brauerei, dem bei Ausflüglern beliebten Biergarten und dem fantastischen Blick auf die Alpenkette bietet mehr als Bier und Brotzeit. Jeden Morgen um 07.15 Uhr füllt sich die Klosterkirche. Menschen aus der Umgebung. Aus Holzkirchen, Bad Tölz, Lenggries oder vom Tegernsee fahren laut dem Verein zum frühen Gottesdienst.

 

«Um das Kloster hat sich eine große Gläubigengemeinschaft gebildet, für die das Kloster ein Ort der Zuflucht ist», sagt Helmut Rührmair, Vize-Vorsitzender des Freundeskreises. Auch die Wirtschaft mit ihrem Biergarten «wäre nicht mehr das, was sie jetzt ist».

 

Am nächsten Sonntag kommen sieben Kompanien der Isarwinkler Gebirgsschützen bei ihrer Schützenwallfahrt zum Feldgottesdienst nach Reutberg, an die 900 Mann. Es gehe rein um das 400-jährige Bestehen des Klosters, das damit begangen werde, betont Gau-Hauptmann Josef Schlickenrieder. «Wir Schützen sind im christlichen Glauben unterwegs.» Sie rückten aus zu Ehren der Gottesmutter.

 

Der Vatikan hat die Auflösung des Klosters zwar beschlossen, es fehlt aber noch das nötige Dekret. Das Erzbistum München und Freising, an das die Liegenschaft wohl fallen wird, will es als ein spirituelles Zentrum erhalten. Zuvor müsse das alte Gemäuer für eine Millionensumme renoviert werden. Nicht zuletzt der Brandschutz sei nicht mehr zeitgemäß. Die Klosterbrauerei, die Landwirtschaft auf den Ländereien und auch der Gottesdienst würden aber weitergeführt. «Ein gottesdienstliches Angebot wird auf jeden Fall bleiben», sagt Göbner.

 

Statt der Nonnen könnten im Kloster Mönche wohnen. Sie sollen laut Erzbistum – anders als die kontemplativ, also abgeschieden und in sich gekehrt lebenden Franziskanerinnen – in der Seelsorge tätig sein. Pfarrer fehlen in der Region.

 

Die Freunde des Klosters sehen hier eine ganz andere Chance: Das Kloster biete genug Platz für Nonnen und Mönche – schließlich hätten hier schon im 17. Jahrhundert Franziskaner und Franziskanerinnen unter einem Dach gelebt, in streng getrennten Trakten. «Das wird als blühende Zeit des Klosters bezeichnet», sagt Ohlbaum. «Die Mönche könnten dort einziehen, wo jetzt Gästezimmer sind.» Dort machen bis heute Stammgäste Urlaub: Ein Künstlerehepaar, Priester.

 

Schwester Faustina setzt auch auf eine Kooperation mit einem Kloster, in dem es noch genug Nonnen und eine Oberin gibt, etwa das Kloster Bethlehem Koblenz-Pfaffendorf. Das Erzbistum allerdings dämpft all diese Hoffnungen: An der Auflösung des Konvents durch den Vatikan sei nicht mehr zu rütteln.

 

Sabine Dobel, dpa

Kloster Nonnen Reutberg

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