Die GDL hat ihren Streik vorerst beendet, schon droht die nächste Gewerkschaft gegen die Bahn zu streiken. Sollte es bis nächste Woche Donnerstag keinen Tarifabschluss mit der EVG geben, will nun auch sie die Arbeit niederlegen.
Fast eine Woche lang mussten sich die Fahrgäste der Bahn über ausfallende Züge ärgern. Nun droht der nächste Streik. Damit verbunden wären erneute Zugausfälle sowie erhebliche Verspätungen für die Passagiere der Bahn. Im schlimmsten Fall ist sogar ein Doppelstreik möglich. Doch selbst wenn nur die EVG ihre Arbeit niederlegt, stehen die Fahrgäste, die auf die Bahn angewiesen sind, vor erheblichen Problemen.
Um den Bahnverkehr komplett zum Erliegen zu bringen, würde es schon ausreichen, wenn eine Handvoll Arbeiter, die für die Stromversorgung verantwortlich sind, ihre Arbeit einstellen. Da die EVG deutlich organisierter und größer ist als die GDL, würde ein Streik erhebliche Probleme für den Bahnverkehr bedeuten.
Streikdrohung
Um dies zu verhindern, bleiben der Bahn noch zwei Verhandlungstermine, um eine Einigung zu erzielen. Auch wenn die EVG nicht die Streikwut der GDL hat, ist sie dennoch bereit, für ihre Forderungen einzutreten. Regina Rusch-Ziemba, EVG-Verhandlungsführerin, drohte mit Konsequenzen, sollte bis zum 21. Mai keine Einigung erzielt werden. „Entweder wir haben dann einen abschlussreifen Tarifvertrag auf dem Tisch liegen, oder es kracht – dann aber richtig“.
Bei der Auseinandersetzung zwischen der EVG und der Bahn handelt es sich, anders als bei der GDL, um einen klassischen Tarifkonflikt. Die Angestellten wollen mehr Geld. Zudem wollen sie alle Mitarbeiter unter einen Tarifvertrag bekommen. Die Servicemitarbeiter haben derzeit einen längeren Tarifvertrag als andere Berufsgruppen.
Eine Spaltung der Belegschaft möchte Rusch-Ziemba aber auf jeden Fall verhindern, denn dies gehört zu ihren zentralen Zielen. So wird die EVG auch nur einen Tarifvertrag akzeptieren, der für alle Angestellten zum gleichen Zeitpunkt endet.
Problemzone Lokrangierführer
Besonders die Lokrangierführer erschweren die Verhandlungen. Da die GDL von der EVG Mitarbeiter dieser Berufsgruppe abwerben möchte, will die EVG deren Stellenwert erhöhen. Neben mehr Gehalt soll auch die Tätigkeit aufgewertet werden. Deshalb wollen sie aus dem alten Berufsstand nun Transportlogistiker machen.
Uneins sind sich Bahn und EVG noch, was die unterschiedlichen Vertragslaufzeiten betrifft. Auch die Gehaltsvorstellungen liegen noch weit auseinander. Während die Bahn einen Tarifvertrag über 29 Monate mit einer Gehaltssteigerung von 4,6 Prozent anbietet mit einem Mindestbetrag von 75 Euro, fordert die EVG sechs Prozent mehr Lohn mit einem Mindestbetrag von 150 Euro. Außerdem will die EVG einen kürzere Laufzeit mit einem gleichzeitigen Ende für alle Berufsgruppen. Rusch-Ziemba meint, dass „der Arbeitgeber noch einmal deutlich nachbessern“ muss.
Uneinigkeit zwischen Gewerkschaften
Dass die EVG und die GDL sich nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen konnten, macht es für die Bahn nicht einfacher. Sie will unbedingt unterschiedliche Tarifverträge für die gleiche Berufsgruppe vermeiden.
Dass die EVG nicht viel von dem Vorgehen der GDL hält, lies auch Alexander Kirchner, Chef der Lokführergewerkschaft der EVG, durchblicken: „Viele Eisenbahner sind genervt von dem, was da passiert. Viel streiken bedeutet noch lange nicht, erfolgreich zu sein“, sagte er zu dem Streik der letzten Woche.
Fahrgast ist der Verlierer
Zumindest in einem sind sich Bahn und EVG einig. Verschiedene Tarifverträge innerhalb einer Berufsgruppe sollen auf jeden Fall verhindert werden. Falls die Bahn allerdings hier von ihrem Kurs abweichen sollte, und sich mit der GDL auf einen Tarifvertrag einigen würde, geriete die EVG deutlich ins Hintertreffen im Vergleich zur GDL. Dass Mitglieder zur GDL übertreten würden, wäre dann nicht unwahrscheinlich.
Sollte nun bis nächste Woche Donnerstag keine Einigung erzielt werden und es zu einem Streik der EVG kommen, sind wie immer die Fahrgäste der große Verlierer des Tarifkonflikts. Im schlimmsten Falle droht ihnen sogar ein Doppelstreik, falls die GDL ebenfalls zur erneuten Arbeitsniederlegung aufrufen sollte.