Mo, 04.09.2017 , 10:41 Uhr

Lehrerverbände: Lehrkräftemangel steht bevor

Die Schulen sind gut ausgestattet mit Lehrern – sagt das Kultusministerium. Es wird wieder nicht reichen – sagen die Lehrer. Der Streit um mehr Kräfte an Bayerns Schulen kurz vor Schulbeginn.

 

München  – Vom kommenden Schuljahr zeichnet das Kultusministerium in Bayern ein positives Bild – doch die Lehrer trauen dem nicht. «Zum ersten Schultag wird alles pronto sein. Dafür wird alles getan», sagte die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV), Simone Fleischmann, der Deutschen Presse-Agentur in München. «Aber wir werden trotzdem nach einigen Monaten wieder überrollt werden und wieder da stehen, wo wir schon so oft standen.» Dann würden erneut zahlreiche Lehrer fehlen. Für rund 1,7 Millionen Schüler und mehr als 100 000 Lehrer in Bayern beginnt am 12. September wieder der Unterricht.

 

Wenn Bayern bei der Digitalisierung in den Schulen Vollgas gebe, sagte die Verbandschefin, dann müssen Lehrer in Fortbildungen gehen – und fehlen im Unterricht. Hinzu kommen Lücken durch Kräfte, die während des Schuljahres in Pension gehen, Krankheitswellen und Schwangerschaften. «Bayern sollte eine Überversorgung vorhalten», forderte Fleischmann deshalb. Der Freistaat solle also die mobile Reserve deutlich aufstocken, damit die Schulen in Notsituationen mehr Lehrer zur Verfügung haben als in vergangenen Jahren.

 

Die Vorurteile gegen mobile Kräfte will Fleischmann abbauen. «Ein Lehrer, der als Reserve an einer Schule ist, bohrt nicht in der Nase», sagte sie. Er könne im Notfall den Standard aufrechterhalten, und ansonsten da sein für kleinere Gruppen oder einzelne Schüler.

 

Das Kultusministerium dagegen zeigt sich überzeugt von einer ausreichenden Ausstattung mit Lehrern. «Der Unterricht ist zum neuen Schuljahr sichergestellt», heißt es aus dem Haus von Ludwig Spaenle (CSU). Ein Lehrer werde auf 13,8 Schüler kommen, wie bisher. Bayern hat zum neuen Schuljahr mehr als 4000 Lehrer neu eingestellt – in der Mehrzahl aber als Ersatz für ausscheidende Kollegen. Für die Inklusion, also die Einbindung behinderter Schüler in den Unterricht, stellt der Freistaat 100 weitere Lehrer zur Verfügung.

 

Den BLLV und auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) stellt das nicht ganz zufrieden. «Neue Stellen nützen erst einmal nichts», sagte BLLV-Chefin Fleischmann. Sowohl für die Bildung von Zugewanderten als auch bei der Inklusion gebe es nicht genug Kräfte, die diese Stellen annehmen können.

 

Das sagte vergangene Woche selbst Ministerpräsident Horst Seehofer. Kultusminister Spaenle habe ihm berichtet, «dass wir an der Anschlagkante sind mit der Integration von Migrationskindern». «Denn wir bekommen ja teilweise gar nicht mehr die Lehrer», sagte Seehofer bei einem Wahlkampfauftritt in München.

 

Die GEW in Bayern, die ebenfalls für das kommende Schuljahr einen akuten Lehrermangel erwartet, bewertet die 100 zusätzlichen Lehrkräfte zum Ausbau der Inklusion als einen «Tropfen auf den heißen Stein». Um den Mangel an Lehrern – und deren gleichzeitige Arbeitslosigkeit – zu beheben, fordert die Gewerkschaft eine Reform der Ausbildung in Richtung von Stufenlehrkräften, die flexibel in mehreren Schularten einsetzbar wären. Das Studium soll sich dabei nicht nach Schularten richten, sondern nach dem Alter der Schüler.

 

In diesem Schuljahr wird das Problem hinter dieser Forderung nach Ansicht des Vorsitzenden des Kultusauschusses, Martin Güll (SPD), noch voll einschlagen. «Noch nie gab es so viele Lehrkräfte, die in ausbildungsfremden Schularten unterrichten werden», sagte er. «Und noch nie war gerade in den Pflichtschulen wie Grund-, Mittel- und Berufsschulen die Personaldecke so dünn, so dass wir schon im Spätherbst Unterrichtsausfälle in noch nie dagewesenen Dimensionen haben werden.» Die CSU-Bildungspolitik sei gescheitert.

 

Das Kultusminsterium provoziere mit falschen Schülerprognosen sogar noch eine weitere Verschlechterung der Lehrer- und Unterrichtsversorgung im Freistaat, kritisierte Güll schon vor den Ferien. Anders als das Ministerium sage eine Studie der Bertelsmann-Stiftung einen Schüler-Boom voraus.

 

2025 sollen dieser Schätzung nach bereits vier Prozent mehr Kinder und Jugendliche die Schulbank drücken als heute. Im Jahr 2030 seien es sogar acht Prozent. In der Folge seien Unterrichtsausfälle an der Tagesordnung. Seit Jahren blieben diese in allen Schulformen auf einem hohen Niveau. Generell verfolge Spaenle keine vorausschauende Personalplanung.

 

dpa

Bayern Leher Schule Schulklasse
Zur Übersicht

Das könnte Dich auch interessieren

01.04.2024 Liebe auf den ersten Blick – das wünschen sich Simba und die Meerschweinchen Die folgenden Kandidaten stehen nur stellvertretend für so viele Tiere, die in den Tierschutzvereinen in und um München auf ihre Lebenspartner warten. Wenn Sie sich tierischen Familienzuwachs wünschen, dann schauen Sie mal im Tierheim München vorbei.   Simba Jagdhund, Mix 7 Jahre alt sehr sensibel und bei seiner Bezugsperson verschmust braucht klare Regeln sehr bemüht 19.02.2024 Tierisch München: Pflegetiere der Tierhilfe Fünfseenland suchen ihr langfristiges Glück Die Tierrettung Fünfseenland e.V. möchte dazu beitragen, dass Menschen und Tiere gemeinsam alt werden und glücklich sind. Genau deshalb haben wir den Verein und seine Schützlinge besucht. Vielleicht verlieben Sie sich ja in eine der Fellnasen.   BERRY UND RUSTY Europäisch Kurzhaar 2017 und 2018 geboren Geschwister, die im Doppelpack vermittelt werden verstehen sich gut 11.12.2023 Tierisch München: Angorakaninchen suchen neue Halter mit Erfahrung und Katzenduo Bärli und Cliff wünschen sich eine liebevolle Familie mit streichelnden Händen Die Tierfreunde Brucker Land sind ein kleiner Tierschutzverein in Maisach im Landkreis Fürstenfeldbruck. In einem provisorischen Unterkunft pflegen sie ihre Tiere seit Jahren. Immer wieder brauchen Kleintiere ihre Hilfe, egal ob Streuner, Unfalltiere, Tauben oder beschlagnahmte Tiere – viele von Ihnen finden dort übergangsweise ein Zuhause. Die Tierschützerinnen und Tierschützer setzen sich für eine Kastrationspflicht 04.09.2023 Tierisch München: Wuselige Meerschweinchen-Gruppe und charakterstarker Zottelbär Tag der offenen Tür am 23. September: Der Gnadenhof in Kirchasch, betrieben vom Tierschutzverein München e.V., gibt Tieren Schutz, Geborgenheit und ein Zuhause, die sonst keines finden. Seit über 30 Jahren bietet das Gelände viel Platz für die meist ältere, kranke oder verhaltensauffällige Tiere. Ob Bauernhoftiere (z. B. Schafe, Schweine, Ziegen, Hühner) oder Haustiere wie