München/Augsburg – Er ist wegen Mordes verurteilt, beteuert aber seine Unschuld und will ein Wiederaufnahmeverfahren – und nun wirft er der Justiz Verschleppung seines Falles vor und verlangt deshalb Entschädigung.
Hintergrund des Rechtsstreits ist der Mord an der Parkhausbesitzerin Charlotte Böhringer, der als einer der längsten Indizienprozesse in die Münchner Justizgeschichte einging. Nach 93 Verhandlungstagen wurde der Neffe der damals 59-Jährigen für schuldig gesprochen, seine Tante erschlagen zu haben. Doch auch Jahre nach der Verurteilung am 12. August 2008 kämpfen Freunde und Verwandte des Angeklagten für seine Unschuld. Und zwar mit einer der höchsten Belohnungen, die jemals von Privatpersonen ausgesetzt wurden.
In einem Zivilrechtsstreit um die Erbunwürdigkeit des jetzt 40-Jährigen bemängelte das Landgericht München einige Urteilsgründe des Schwurgerichts. Verteidiger Peter Witting hat unter anderem darauf den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens vom Oktober 2012 gestützt, den das zuständige Landgericht Augsburg erst im Dezember 2014 ablehnte. Witting legte Beschwerde ein. Gleichzeitig forderte er in einer so genannten Verzögerungsrüge nach dem Gerichtsverfassungsgesetz für seinen Mandanten eine Entschädigung von 1500 Euro.
Laut dem jetzt ergangenen OLG-Beschluss ist eine Aussetzung des Entschädigungsverfahrens „zwingend geboten“, wenn das strafrechtliche Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Sollte der Wiederaufnahmeantrag erfolgreich sein, wäre in dem neuen Strafverfahren eine eventuelle Verzögerung des Verfahrens zu prüfen und gegebenenfalls auszugleichen. Über die Beschwerde gegen die Ablehnung der Wiederaufnahme hat der 3. Strafsenat des OLG zu entscheiden.