Do, 15.01.2015 , 14:51 Uhr

Oberlandesgericht: Pechstein gewinnt gegen ISU

Es ist ihr sechster Prozess, und erstmals hat Claudia Pechstein im Kampf gegen den Weltverband ISU einen Sieg gelandet. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts München wird von immenser Wirkung für die gesamte Sportgerichtsbarkeit sein. Die ISU legte Revision ein.

 

Als der Richter ihren Sieg verkündete und den Weg für ein sportrechtliches Beben freimachte, blieb Claudia Pechstein zunächst ganz cool. Erst als sie von sieben Kamerateams und etlichen Fotografen umringt war, wurden die Augen der Eisschnellläuferin im Sitzungssaal E.06 des Münchner Justizpalastes dann doch wässrig. Nach knapp sechs Jahren hat die Berlinerin erstmals recht bekommen und darf wegen der 2009 verhängten Dopingsperre auf Schadenersatz hoffen. Das Münchner Oberlandesgericht (OLG) nahm die Klage gegen den Eislauf-Weltverband ISU am Donnerstag an. Der Fall hat sporthistorische Dimensionen, er greift die Unantastbarkeit des Sportgerichtshof CAS vehement an.

 

«Das ist ein großer Tag für mich», sagte die fünfmalige Olympiasiegerin und fand: «Dieser Sieg ist mehr wert als alle meine Olympia-Medaillen zusammen.» Das OLG erklärte die 2009 getroffene Schiedsvereinbarung Pechsteins mit der ISU für unwirksam und erkennt die vom CAS einst bestätigte Dopingsperre nicht an. Die ISU will in Revision gehen – der Fall wird wohl im Herbst am Bundesgerichtshof verhandelt. «Wir halten des Urteil für falsch», sagte ISU-Anwalt Christian Keidel.

 

 

Die Causa Pechstein dürfte schwerwiegende Folgen für die gesamte Sportgerichtsbarkeit haben. Der Vorsitzender OLG-Richter Rainer Zwirlein wies darauf hin, dass die Neutralität des CAS grundlegend fraglich sei, weil Verbände gegenüber Sportlern bei der Bestellung von Richtern bevorzugt werden. Außerdem widerspreche die Praxis, dass sich Athleten nur vor dem CAS wehren könnten, dem Kartellrecht.

«Es ist Sieg für alle anderen Sportler, die diese Schiedsvereinbarung unterschrieben haben. Heute können alle jubeln», meinte Pechstein, die in der Uniform der Bundespolizei im Gerichtssaal erschien. Schon am Nachmittag stand für die ehrgeizige Athletin in Berlin die nächste Trainingseinheit auf dem Programm.

 

 

Das Sportgericht in Lausanne war am 25. November 2009 einem ISU-Urteil gefolgt und hatte die Zwei-Jahres-Sperre Pechsteins wegen schwankender Retikulozyten-Blutwerte ohne Doping-Beweis bestätigt. Pechstein hat Doping stets bestritten und führt eine geerbte Blutanomalie als Grund für ihre erhöhten Werte an, die bis in die heutige Zeit weiter registriert, aber nicht mehr bestraft werden. In dem Münchner Schadenersatzprozess hat die Berlinerin die ISU daher für erlittenes Unrecht auf 4,4 Millionen Euro verklagt.

Das OLG kippte die Entscheidung des Landgerichts München I, dass der Spruch des CAS anerkannt werden müsse. Die deutschen Gerichte seien in der Schadenersatzfrage nicht an das CAS-Urteil gebunden, hieß es.

 

 

«Die ISU-Betrüger haben mir alles genommen. Aber es ist jetzt nicht zu Ende. Mich freut es, dass die ISU jetzt handeln und Beweise auf den Tisch legen muss», meinte Pechstein. Sollte der BGH entscheiden, dass der Fall vor einem ordentlichen Gericht verhandelt werden muss, ist im Gegensatz zur Sportgerichtsbarkeit nicht die Athletin gefordert, sich zu verteidigen, sondern der Verband in der Pflicht, hinreichende Beweise für Doping zu liefern.

 

 

Für die ISU steht viel auf dem Spiel: Sollte Pechstein mit ihren Schadensersatzklage Erfolg haben, droht dem Verband die finanzielle Schieflage. Anwalt Keidel machte deutlich, dass in dem bisherigen Verfahren der Kern des Falls – der Dopingvorwurf – noch gar nicht behandelt wurde: «Im Moment verteidigen wir noch nicht die Rechtmäßigkeit dieser Dopingsperre, sondern es geht die ganze Zeit mehr darum, ob der CAS ein echtes Schiedsgericht ist.»

 

 

jn / dpa

ISU Oberlandesgericht Pechstein Prozess
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