Mo, 17.07.2017 , 09:26 Uhr

So war der Christopher Street Day in München

Tausende Schwule und Lesben ziehen durch die Stadt, und noch viel mehr Besucher schauen zu. Eine fröhliche, bunte Feier. Aber nicht, ohne die Politik zu vergessen.

 

München – Ein Fest für alle, wegen der Ehe für alle. Dragqueens in Paillettenkleidern, nackte Hintern, laute Techno-Musik und Regenbogenfahnen. Der Christopher Street Day (CSD) ist in deutschen Städten traditionell eine große Party, auch am Samstag in München. Dabei wird oft übersehen, dass der Zug immer auch eine Demo ist, die Party auch eine Politparade. Auch jetzt, da ein paar Kämpfe schon gewonnen sind.

 

 

«Ausgekämpft wird es noch lange nicht sein», sagt Patrick Slapal. «Erst, wenn alle begriffen haben, dass wir gleich sind.» Dafür muss der 29-Jährige vielleicht ein bisschen mehr Geduld aufbringen als manch andere in Bayern. Denn er ist CSU-Mitglied. Anfang Juni hat er den bayerischen Landesverband der LSU gegründet, der Lesben und Schwulen in der Union. Slapal hat prominente Unterstützer wie den Chef des Bundes der Vertriebenen, Bernd Fabritius. Aber bei Weitem nicht alle in der CSU haben sich Ende Juni so gefreut wie er.

 

Als die Parlamentarier im Bundestag in ihrer letzten Sitzung dieser Legislaturperiode für die Öffnung der Ehe, für die «Ehe für alle» stimmten, meldeten sich sogleich einige konservative Unionspolitiker. Sie wollen eine Verfassungsklage gegen das Gesetz einreichen. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) prüft sie gerade.

 

Wie ist es also mit der großen Feier, als CSU-Kämpfer für Lesben- und Schwulenrechte? «Ich bin vorbereitet», sagt Slapal und grinst. Er zieht einen Brief aus der Innentasche seiner Lederjacke. Von Seehofer. Slapal hatte ihn eingeladen zum CSD, der Ministerpräsident schreibt, er könne nicht kommen. Und: Ihm als Parteivorsitzenden läge der Kampf gegen die Diskriminierung einzelner Bevölkerungsteile sehr am Herzen. «Für die auf diesem Gebiet geleistete Arbeit danke ich Ihnen und der LSU.»

 

Ganz können diese Worte trotzdem nicht darüber hinwegtäuschen, dass etwa Kardinal Reinhard Marx sich von der Staatsregierung eine Klage gegen die «Ehe für alle» wünscht – und weiß, dass er damit einigen konservativen Katholiken aus der CSU aus dem Herzen spricht. «Es gibt viele in der Partei, die da der Kirche sehr zugeneigt sind», sagt auch Slapal. «Die brauchen länger.»

 

 

Bis dahin feiern mehrere Tausend Teilnehmer in München auf dem CSD, dass sie gesellschaftlich und politisch schon einiges erreicht haben. Seit 1980 zeigen auch in München Menschen beim CSD Flagge für die Gleichberechtigung von Schwulen, Lesben und Transsexuellen. Der überschaubare Demonstrationszug der Anfangsjahre hat sich zu einer Großveranstaltung entwickelt. Fast 120 Gruppen beteiligen sich heuer.

 

Die Phantasie- und Fetisch-Kostüme gehören auch dazu, sie ziehen die Aufmerksamkeit auf sich. Die Veranstalter schätzen, dass rund 165 000 Menschen am Straßenrand stehen. Und mit einer friedlichen Veranstaltung. «Trotz des Mottos», sagt CSD-Sprecherin Rita Braatz. «Gleiche Rechte. Gegen Rechts», heißt es. Nach ersten Polizeiangaben gibt es rund um die Parade aber keinerlei Vorfälle in Zusammenhang mit Anhängern rechter Gruppen. Wie in den Jahren zuvor ist es eine friedliche Veranstaltung.

 

 

«Lasst euch nicht von irgendwelchen Rechten oder Homo-Hassern provozieren», ruft Thomas Niederbühl, politischer Sprecher des CSD München, dennoch über den Marienplatz bei der Eröffnung von der Bühne. Auch das ist einer der Kämpfe, den die Community noch vor sich sieht. Der Zulauf zu rechten Parteien und Organisationen macht ihnen Sorgen und die dort herrschende Diskriminierung ihrer Mitglieder.

 

Ausgefochten ist aus Sicht von CSD-Sprecherin Braatz auch die Debatte um die Asylpolitik noch nicht. Abschiebungen von Lesben und Schwulen in Länder, in denen ihnen Verfolgung droht, müssten aufhören, sagt sie. «Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich», steht ein paar Meter von ihr entfernt auf einem großen Transparent am Münchner Rathausturm, es zitiert die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Ein Plakat hoch oben über der Party, zur Feier und Mahnung zugleich.

 

Von Sophie Rohrmeier, dpa

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