Fr, 20.03.2015 , 10:41 Uhr

Tierheime in Finanznot - beim Geld hört Tierliebe vieler Kommunen auf

Die Deutschen sind für ihre Tierliebe bekannt. Doch wenn es ums Geld geht, ist es mit dem Mitleid meist schnell vorbei. Darunter leiden auch die Tierheime in Bayern: Mit manchen Kommunen streiten sie um jeden Cent.

 

Fast 160 Welpen und kleine Katzen aus zwei illegalen Transporten hat das Nürnberger Tierheim vor einem Jahr bei sich aufgenommen – eine Hilfe für die öffentliche Hand. Auf 250 000 Euro Kosten sind die Helfer dennoch bis heute sitzengeblieben – die Gespräche mit der Stadt Weiden dauern an. Denn beim Geld hört für viele Kommunen die Tierliebe auf. Dabei sind sie gesetzlich verpflichtet, für Fundtiere zu bezahlen. Doch mit manchen Gemeinden müssen die Tierheime nach eigenen Angaben um jeden Cent streiten. Viele Heime kämpfen daher ständig ums Überleben. „Sie stehen mit dem Rücken zu Wand“, sagt Andreas Brucker vom Deutschen Tierschutzbund. Nach seinen Worten steht die Hälfte der Häuser vor der Insolvenz.

 

 

„Ich muss in Bayern Tiere töten, dann krieg ich einen Zuschuss. Wenn sie Tiere retten, kriegen sie nichts“, sagt Brucker. Er meint damit die Jagdverbände, die vom Freistaat mit rund einer Million Euro im Jahr unterstützt werden. Für Tierheime dagegen gibt es nichts. Dies sei Aufgabe der Kommunen, heißt es aus dem Umweltministerium. So leicht macht es sich jedoch nicht jedes Land. Beispielsweise Mecklenburg-Vorpommern fördert Tierheime und Aufnahmestationen im Jahr mit 130 000 Euro. Brucker fordert von Bayern etwa 500 000 Euro.

 

Bildergalerie: Diese Welpen wurden gerettet und im Münchner Tierheim versorgt:

 

Tierarztkosten und Co. steigen stetig – immer mehr Besitzer geben Haustiere ab

 

Das Problem vieler Tierheime: Die Kosten steigen stetig – etwa bei den Tierärzten oder aktuell durch den Mindestlohn. Auch geben immer mehr Menschen ihren Hund oder ihre Katze ab, weil sie sich das Haustier nicht mehr leisten können. Verlässliche Einnahmen haben die Tierheime dagegen kaum. Mit immer mehr Tierschutzorganisationen müssen sie sich inzwischen die Spendengelder teilen, wie etwa Judith Brettmeister vom Tierheim München sagt. Große Erbschaften gibt es auch kaum noch.

 

Zumindest für Fundtiere müssen die Gemeinden den Tierheimen laut Gesetz etwas zahlen. Die Tierheime übernehmen hier eine öffentliche Aufgabe. Geld gebe es vier Wochen lang, sagt Brettmeister. Dann dürfen Fundtiere vermittelt werden. Teuer wird es für die Heime, wenn das Tier krank ist und man kein neues Herrschen dafür findet.

 

 

Je nach Kommune bekommen die Tierheime Pauschalen pro Einwohner, pro Fundtier oder auch per Einzelabrechnung. Letzteres bedeutet für die Tierheime einen riesigen Verwaltungsaufwand. Wie viel die Heime von den Kommunen bekommen, ist ebenfalls extrem unterschiedlich. Die Schere reicht etwa bei den Einwohnerpauschalen laut Tierschutzbund von 5 Cent bis zu einem Euro. Wobei dies die echte Ausnahme ist – Tierheimleiter sehen hier schon fast paradiesische Zustände.

 

Brucker sagt, mit einem Euro pro Einwohner und Jahr kämen die Tierheime gerade einmal auf eine Schwarze Null. Investitionen seien da trotzdem nicht zu machen. „Wir haben ausgerechnet, dass 1,50 Euro pro Einwohner und Jahr nötig wären“, sagt Brucker.

 

 

Laut einem Sprecher des Städtetags sind die Kommunen prinzipiell „offen, wenn da Forderungen an uns herangetragen werden“. Die Tierheime seien wichtig, weil die Gemeinden dadurch entlastet würden. Eine Forderung nach einheitlichen Sätzen sei jedoch nicht weiterverfolgt worden. Und so liegt es weiter an der Hartnäckigkeit oder dem Verhandlungsgeschick des einzelnen Tierheims, wie viel Geld es von der Kommune bekommt.

 

 

Auch illegale Transporte und „Tiersammler“ machen Probleme

 

Auch bei illegalen Tiertransporten oder krankhaften Tier-Sammlern (animal hording) ist die Rechtslage schwierig. „Da gibt es immer wieder Reibereien“, erzählt Brucker. Bei den Transporten seien die Eigentümer im Ausland oft nicht zu finden und Tier-Sammler hätten meist gar kein Geld, das die Tierheime einfordern könnten.

 

Ein echtes Druckmittel haben die Heime nicht. Im Prinzip müssten sie von einem Tag auf den anderen den Laden dicht machen – dann müssten die Städte zusehen, wie und wo sie die Tiere unterbringen. „Doch das würde kein Tierschützer machen“, sagt Heike Weber vom Tierheim Nürnberg. „Denn darunter leiden ja immer nur die Tiere. Dann zahlt man es lieber aus der eigenen Tasche.“ Daher sei es auch so schwierig, die Kommunen zu überzeugen, dass sie plötzlich für etwas zahlen sollen, das bisher ja auch immer so ging.

 

 

In Bayern gehören etwa 80 Tierheime zum Deutschen Tierschutzbund. Sie müssen spezielle Qualitätskriterien und tierschutzrechtliche Vorgaben erfüllen. Bisher sprang immer der Verband ein, wenn ein Heim vor dem Aus stand. Dafür gibt es den sogenannten „Feuerwehrfonds“.

 

Auch das Tierheim Rosenheim hat schon einmal Mittel aus diesem Topf angefragt. Mit einer größeren Spende habe man sich dann aber doch noch selbst retten können, sagt die Vereinsvorsitzende Andrea Thomas. „Kaum jemand hätte es für möglich gehalten, dass wir überhaupt so lange überleben.“ Rücklagen hat der Verein keine. „Wir leben von der Hand in den Mund.“ Das Hundehaus stamme aus den 1970er-Jahren und müsse dringend saniert werden. Doch dafür ist kein Geld da. Thomas sagt: „So können wir unser Tierheim nicht mehr lange betreiben. Wenn es irgendwann so aussieht, dass wir die Gehälter nicht mehr zahlen können, schließen wir.“

 

 

Von Cathérine Simon, dpa

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