Mo., 30.03.2015 , 09:48 Uhr

Wohnen im Siemens-Hochhaus - Bauprojekt im Münchner Süden umstritten

Das Siemens-Hochhaus in München ist ein Relikt der Industriearchitektur der 1960er-Jahre – seit etwa 15 Jahren steht es leer. Nun soll der Turm saniert werden: Wohnungen statt Büros. Ein Bauprojekt, das ebenso innovativ wie umstritten ist.

 

Einst war das Siemens-Hochhaus das höchste Bürogebäude Münchens. Mit 75 Metern Höhe überragte der Turm in den 1960er-Jahren die Silhouette der bayerischen Landeshauptstadt. Seit sich der Industriekonzern um die Jahrtausendwende aus dem Betriebsgelände zurückgezogen hat, war die Zukunft des Gebäudes offen. Auch von Abriss war die Rede. Inzwischen aber steht fest: Das Hochhaus soll generalsaniert und in Wohnungen umgewidmet werden. Keine Luxusapartments, sondern bezahlbarer Wohnraum – so der Plan von Eigentümer Hubert Haupt. Ein Architektenwettbewerb läuft, im Mai soll die Entscheidung fallen.

 

Früher war der 45-jährige Münchner bei der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft am Start, heute setzt Haupt als Investor städtebaulich Zeichen. Als Siemens das Hochhaus loswerden wollte, griff er zu. 500 000 Euro zahlte Haupt 2006 für das 23-geschossige Gebäude: asbestverseucht, in die Jahre gekommen, ohne Stellplätze, dafür mit einer unter Denkmalschutz stehenden Fassade – nicht gerade ein Schnäppchen. Zehn Millionen Euro muss er nun nach eigener Aussage allein in die Entkernung und Asbestreinigung investieren.

 

Jahrelang hatte Haupt versucht, Interessenten für Büros in dem Haus im Süden der Stadt zu finden – vergeblich. Für Gewerbe ist der Münchner Norden mit der Nähe zum Flughafen die bessere Lage. Nun sollen hochwertige Wohnungen entstehen. Das bedeute aber nicht zwangsläufig teuer, sagt Haupt. Luxus sei in dem Stadtteil nicht vermarktbar – trotz „fantastischer Aussicht“.

 

Den Turm in ein Wohnhaus umzuwandeln, erfordert Mut. Und der fehle im Münchner Städtebau, beklagt Haupt. Der ehemaliger Rennfahrer scheut das Risiko nicht. Das asbestverseuchte Gebäude muss völlig entkernt, die Fassade entfernt werden. Dafür wurde extra der Denkmalschutz aufgehoben. „Die Fassade ist nicht sanierbar“, sagt der Bauherr. Vorgesehen sind zehn Prozent öffentliche Nutzung wie Restaurants oder Kindertagesstätten und zehn Prozent geförderter Wohnraum. Das Projekt wird das Viertel aufwerten, ist sich Haupt sicher.

 

Auch Münchens Stadtbaurätin Elisabeth Merk ist von dem Konzept überzeugt – und von den Ergebnissen des Architektenwettbewerbs überrascht: „Wenn sich begabte Kollegen zusammensetzen, kommen doch interessante Lösungen heraus.“ Das Siemens-Hochhaus sei ein Beispiel für die generelle Problematik, wie man mit Bauten der 1960er- und 1970er-Jahre verantwortungsvoll umgehen soll. „Das Siemens-Hochhaus steht für eine Ära der Stadtentwicklung, es ist ein Zeitzeuge“, meint Merk.

 

Wäre der Denkmalschutz bestehen geblieben, hätte das Haus nicht verändert und somit nicht genutzt werden können – aber auch nicht abgerissen, erläutert sie. „Aber man kann Gebäude architektonisch behutsam verändern, und sie bleiben trotzdem ein Denkmal.“

 

Bedenken hat hingegen Ludwig Weidinger. Dass der Büroblock in Wohnungen umgewandelt werden soll, betrachtet der Vorsitzende des Bezirksausschusses mit Skepsis. „Ich habe das immer kritisch gesehen. Ein neues Wohnhaus würde man nie so bauen.“ Doch sei es Haupts „gutes Recht“, so zu planen. Der Bezirksausschuss habe eine Stellungnahme abgebeben, nun sei der Stadtrat am Zug, sagt Weidinger und formuliert diplomatisch: „Ich nehme zur Kenntnis, was Sachlage ist.“

 

Weidinger sieht mehrere Kritikpunkte: „Die Kubatur, die Wohnungen nach Norden hin, die Lage“. Etwa ein Drittel der Fläche sei nach Norden ausgerichtet. Da habe man zwar einen Blick über die Stadt, aber kein Sonnenlicht. Für die Menschen in der Umgebung sei zudem entscheidend, wie die neue Fassade aussehen und was zusätzlich zu den Wohnungen entsteht wird – etwa Cafés oder eine Kita. Letztlich sei es aber immer eine Frage des Geschmacks, so Weidinger. Im Viertel reichten die Meinungen von „reißt das Haus weg“ bis „ohne Hochhäuser wäre München ein Dorf“.

 

Stadtplanerin Merk sieht die Umwidmungspläne weniger problematisch. „Nicht jeder findet Wohnen in einem Hochhaus schrecklich.“ Es müssten auch nicht zwingend Familien einziehen. Gerade München habe großen Bedarf an Singlewohnungen. „Wir haben hier mehr als 50 Prozent Singlehaushalte.“ Das Haus biete in einer Richtung einen wunderbaren Blick zu den Alpen, auf der anderen Seite eine Aussicht über die Stadt. Es sei eine Frage der architektonischen Kunst, die Wohnungen so zu planen, dass sie genug Licht von beiden Seiten bekommen.

 

Haupt zufolge könnte schon im Sommer mit den Bauarbeiten begonnen werden. Sein Ziel: Fertigstellung Mitte 2018. Interessenten gibt es schon, wie er sagt. „Das ist ein Projekt, das die Menschen berührt. Außerdem gibt es nur wenig spektakuläre Wohnarchitektur in München.“

Hochhaus Siemens

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