Nach einer kurzen Beruhigung kommen wieder mehr Flüchtlinge aus Österreich nach Deutschland. Am Münchner Hauptbahnhof und den Großkontrollpunkten an den Autobahnen verzeichnet die Bundespolizei einen Anstieg. Vermehrt kommen die Migranten auch auf Ausweichrouten.
In den nächsten Stunden wird die Ankunft vieler Flüchtlinge in der Notunterkunft in Dornach erwartet. Freiwillige Helfer und Dolmetscher werden ab sofort dringend benötigt. Bitte meldet Sie sich beim Helferkreis, wenn Sie helfen möchten. Hotline Helferkreis: 0151 26976062
Für die Nachtschichten wird noch Unterstützung im medizinischen Bereich benötigt. (Arzthelfer/-innen, Sanitäter/-innen…) Hotline Sanitätsdienst: 0173 9101249
Freilassing/München – Die Zahl der Flüchtlinge, die von Österreich nach Deutschland kommen, ist wieder gestiegen. Allein die Bundespolizei Rosenheim zählte am Mittwoch bis zum frühen Mittag 1300 Flüchtlinge. Am Dienstag waren es den ganzen Tag über rund 3500 Migranten, am Montag etwa 1200. Die meisten Flüchtlinge wurden zu einer Sammelstelle im Grenzort Freilassing (Landkreis Berchtesgadener Land) gebracht. In einer Turnhalle werden dort rund 700 Menschen versorgt, bis sie mit Sonderzügen auf Aufnahmestellen im ganzen Bundesgebiet verteilt werden.
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Im Raum Passau wurden am Dienstag im selben Zeitraum 1500 Flüchtlinge aufgegriffen. Hinzu kamen nach Angaben der Bundespolizei am Passauer Hauptbahnhof etwa 1000 Migranten. „Der Ansturm hat sich wieder gesteigert“, sagte ein Sprecher der Bundespolizei. Dagegen ging die Zahl der festgenommenen Schleuser im Raum Passau leicht zurück. Hatten die Fahnder am Montag noch 45 Schlepper erwischt, waren es am Dienstag noch 30. Dies könnte auch daran liegen, dass viele Schleuser aus Furcht vor Entdeckung und Festnahme die Menschen vermehrt an den kleineren Grenzübergängen auf der österreichischen Seite rausließen, sagte ein Sprecher der Bundespolizei am Mittwoch.
Entlang der Grenzflusses Inn wurden in den Landkreisen Passau und Rottal-Inn seit Dienstag mehr als 1000 Flüchtlinge aufgegriffen. Sie waren zu Fuß über Brücken und Stauwehre auf die deutsche Seite gelangt. Dort werden sie von Bundespolizisten in Empfang genommen und zur Registrierung weitergeleitet.
Auch am Münchner Hauptbahnhof hat die Bundespolizei im Vergleich zu Wochenbeginn wieder eine deutliche Zunahme der eingetroffenen Flüchtlinge ausgemacht. Ein Sprecher sagte am Mittwoch, allein bis 8.00 Uhr seien rund 700 Menschen in der Landeshauptstadt angekommen. Die Bundespolizei rechnet für den Mittwoch mit der Ankunft weiterer Flüchtlinge, mehrere Züge aus Budapest und Italien wurden erwartet, wie eine Sprecherin der Bundespolizei mitteilte. Die Zahl der ankommenden Flüchtlinge am Münchner Hauptbahnhof war zu Wochenbeginn stark zurückgegangen, nachdem die Bundesrepublik die Kontrollen an der Grenze zu Österreich wiedereingeführt hatte.
Unterdessen ist der Zugverkehr von Salzburg in Richtung Deutschland am Mittwoch erneut bis auf weiteres unterbrochen worden. Grund sei eine Anweisung der deutschen Behörden, sagte eine Sprecherin der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) laut Nachrichtenagentur APA. Die Situation am Salzburger Hauptbahnhof sei angespannt, hieß es von den Behörden. Derzeit hielten sich dort rund 2000 Flüchtlinge auf, 1200 hatten die Nacht in der Tiefgarage des Bahnhofs verbracht. Die Menschen hofften auf Züge in Richtung Deutschland, einige von ihnen wollten sich nicht in eine Notunterkunft in Salzburg bringen lassen. Am Abend zuvor war es an dem Bahnhof zu Tumulten gekommen.
Auch die sozialen Netzwerke werden überhäuft von Kommentaren in denen gegen Flüchtlinge gehetzt wird. Ein erschreckend großer Teil davon ist allerdings nichts anderes als Stammtischparole und zeugt von Unwissenheit, rechtem Gedankengut und falschen Informationen. Deshalb hier ein kleiner Faktencheck, der sich ständig wiederholenden Aussagen: (Lesen Sie dazu auch: Warum Flüchtlinge Smartphones wirklich brauchen)
Video: So können Sie helfen:
„Deutschland nimmt die meisten Flüchtlinge auf“
Das ist eine Aussage, die auch nicht zutreffend ist. Deutschland nimmt derzeit in Europa tatsächlich die meisten Asylbewerber auf, jedoch ist Deutschland auch von der Fläche und Einwohnerzahl viel größer als andere EU-Länder. (Wenn man das also mit der Einwohnerzahl pro Kopf ins Verhältnis setzt, nahm Deutschland, z.B., 2014 weniger Flüchtlinge auf, als andere EU-Staaten. Mehr dazu auch hier.)
Dennoch gibt es einige Länder außerhalb der EU, die weitaus mehr Hilfesuchende aufnehmen:
(Quelle)
„Echten Flüchtlingen helfen wir gerne, die Meisten sind aber sowieso Wirtschaftsflüchtlinge und Schmarotzer“
Tatsächlich kamen dieses Jahr bisher die meisten Flüchtlinge aus der Kosovo-Region, diese allerdings haben tatsächlich meist keinen Anspruch auf Asyl und werden deshalb auch „so schnell wie möglich“ wieder ausgewiesen. An zweiter Stelle folgen die Flüchtlinge aus Syrien, wo schreckliche Bürgerkriege herrschen und bei Kämpfen zwischen Regierungstruppen und der IS-Terrormiliz tausende Menschen ums Leben kommen. Darunter auch viele Zivilisten.
Video: Die Situation der Kosovo-Flüchtlinge in München
„Wären es echte Flüchtlinge, würden nicht nur die Männer kommen.“
Knapp 2/3 der Flüchtlinge, die hier ankommen, sind Männer. Wenn man allerdings über Wüste, Mittelmeer und halb Europa flieht, ist das auch eine körperliche Anstrengung. Deshalb ist i.d.R. das stärkste Familienmitglied das erste, das das auf sich nimmt. (bzw. das Familienmitglied, das die besten Chancen hat, die Familie weiterhin zu unterstützen oder ggf. auch nachzuholen) Gerade der Weg über das Mittelmeer ist eine sehr große Gefahr, die viele Väter erst sich selbst zumuten, bevor es ihre Frauen und Kinder tun. Wenn man jetzt in die Flüchtlingslager nahe den Krisengebieten genauer unter die Lupe nimmt, dann ist das genau umgekehrt, also der Frauenanteil höher. Es ist also falsch, dass nur die Männer fliehen, es kommen nur prozentual mehr in Europa an.
„Die Flüchtlinge bekommen das Geld hinterhergeschmissen“
Die Regelsätze für Asylbewerber liegen mit 362 Euro monatlich unter denen von Hartz4. Zumal man bedenken muss, dass davon noch einmal bis zu 60 Prozent abgezogen werden, was meist auch der Fall ist. (Für Unterkunft, Strom, Wasser und Heizung). Übrig bleiben dann 140 Euro im Monat, was weniger als 5 Euro am Tag entspricht. Offiziell stehen einem Flüchtling etwa 6 Quadratmeter für die Unterbringung zu. Wegen der hohen Anzahl an Flüchtlingen muss oft gerade mal ein Bett ausreichen.
(dpa/lby/pm)