Wenn es weh tut, rasch zum Arzt: Oft laufen Patienten bei Rückenschmerzen zu schnell in die Praxen. Dort werden sie einer Studie zufolge allzu oft durchleuchtet – obwohl das häufig gar nichts bringt. Die Bayern sind in beiden Fällen vorne dabei.
München – Menschen mit Rückenschmerzen gehen einer Studie zufolge teils ohne dringende Notwendigkeit zum Arzt und werden zu oft geröntgt oder in die Röhre geschoben. Die Bayern stünden bei den Arztbesuchen gleich an zweiter Stelle hinter den Berlinern, berichtete die Bertelsmann-Stiftung am Dienstag.
Besonders der Osten Bayerns fiel mit einer sehr hohen Zahl von Arztbesuchen auf, wie die bundesweite Studie mit Patientenumfrage ergab. So war etwa der Kreis Dingolfing-Landau mit 730 Behandlungsfällen je 1000 Versicherter bundesweit an der Spitze. Passau (609), Straubing-Bogen (628), aber auch die Kreise Bamberg (584) und Haßberg (606) lagen ebenfalls deutlich über dem bundesweiten Durchschnittswert von 448 Behandlungsfällen.
Dabei gebe es bei den Patienten erhebliche Wissensdefizite. Die Hälfte der Bevölkerung im Bund glaube fälschlicherweise, dass man mit Rückenschmerzen immer zum Arzt gehen sollte, erläuterten die Experten. Dabei klingen die Schmerzen oft von selbst ab. 85 Prozent der akuten Beschwerden gelten als medizinisch unkompliziert und verschwinden wieder.
Auch bei der Diagnostik mit Röntgengerät, Computer- oder Magnetresonanztomograph (CT/MRT) wird den Fachleuten zufolge zu früh zu viel getan. Bundesweit wurden pro 1000 Patienten mit Rückenschmerzen 398 Bilder erstellt. Die Zahl nahm zwar in den vergangenen Jahren etwas ab. Oft werde aber weiter nicht der mögliche Erfolg herkömmlicher Therapien wie Schmerzmittel oder Krankengymnastik abgewartet.
Hier liegt Bayern im Bundesvergleich im oberen Mittelfeld. Pro 1000 Versicherter mit Rückenschmerzen wurden im Freistaat 414 Bilder angefertigt. Bei den MRT-Aufnahmen liegt die Region München weit vorne. Der Mittelwert bundesweit liegt der Studie zufolge bei 120 MRT, in München waren es 180, im Kreis München 190, und der Kreis Ebersberg hatte mit 206 den Spitzenplatz. In Schweinfurt hingegen erhalten die Betroffenen nicht einmal halb so viele MRT-Aufnahmen (87). Ein Grund könne die Verfügbarkeit der Geräte sein, sagte Projektmanager Eckhard Volbracht. „Wenn Geräte da sind, werden sie in der Regel auch ausgelastet.“
Dabei könne die – teure – Diagnostik auch irreführend sein. „Oft werden die Befunde der Bildgebung überbewertet. Dies führt zu unnötigen weiteren Untersuchungen und Behandlungen, zur Verunsicherung des Patienten und kann sogar zur Chronifizierung der Beschwerden beitragen“, sagte Jean-Francois Chenot von der Universität Greifswald und medizinischer Experte für die Untersuchung. „In den überwiegenden Fällen liefern Bilder keine Anhaltspunkte für den Grund von Rückenschmerzen. Viele Ursachen wie Stress, Unzufriedenheit am Arbeitsplatz oder Bewegungsmangel lassen sich eben auf keiner Röntgen- oder MRT-Aufnahme erkennen.“
dpa/lby