Fr, 02.10.2015 , 12:16 Uhr

Flohflüsterer und Schaukelbremser - Wiesn-Jobs der besonderen Art

Gut 13 000 Menschen arbeiten auf dem Oktoberfest. Hundertschaften von Bedienungen, Köchen, Ordnern, Klofrauen und -männern sind in München auf der Theresienwiese im Einsatz. Dazu gibt es ein paar sehr spezielle Jobs, die Arbeitsämter eher nicht vermitteln.

Wie richtet man einen Floh ab? Wie wird man zum Karussell-Kapitän – und was muss ein Schiffschaukelanschubser tun? Das Oktoberfest ist nicht nur eine Geldmaschine mit einem Wirtschaftswert von einer Milliarde Euro, sondern auch eine Jobmaschine der besonderen Art.

 

FLOHFLÜSTERER

Robert Birk zähmt den Floh mit Licht, Schall und Wärme. Der Direktor von Deutschlands einzigem Zirkus mit echten Flöhen bringt die 0,2 Milligramm schweren Tierchen vor der Schau mit Wärme in Bewegung, dann steuert er sie bei grellem Bühnenlicht mit Klopfen auf den Bühnenboden – für den Floh unangenehme Reize. «Das Dunkel bekommt er als Belohnung», sagt Birk. 80 Flöhe arbeiten in fünf Schichten. In Abständen werden die erschöpften Artisten ausgewechselt und auf 18 Grad gekühlt, damit sie zur Ruhe kommen. Stets hat Birk Bedarf an neuen Darstellern. Denn die kräftigeren Hundeflöhe sind rar geworden – nun stehen Katzenflöhe auf der Bühne.

 

SCHAUKELBURSCH – SCHIFFSCHAUKELANSCHUBSER

Die Schaukel in Form eines Kahns ist gar nicht so leicht in Bewegung zu bringen. Der Schaukelbursch – oder Schiffschaukelanschubser – verhilft zur ersten Bewegung. Ein «Knochenjob», sagt Josef Steininger, Inhaber der einzigen Überschlag-Schiffschaukel auf der Wiesn. Der Job fordert Kondition, Konzentration – sonst donnert dem Helfer die Schaukel auf den Kopf – und Verantwortung. Betrunkene etwa dürfen nicht schaukeln, es könnte sonst ekelig und gefährlich werden. Hannes Berndt, sonst in einem Restaurant tätig, arbeitet seit Jahren während der Wiesn als Profischubser, schaukelt selbst perfekt den Überschlag – und unterweist Neulinge, die ihr Glück versuchen, in der Schaukeltechnik. Am Ende der Fahrt wird er zum Bremser – damit die Schaukel richtig anhält und der Nächste an die Reihe kommt.

 

KAPITÄN AUF DER FAHRT INS PARADIES

Wenn Toni Schleifer das Rad nach rechts dreht, fangen die Menschen an zu kreischen. Das Rad sieht aus wie das Steuer eines Schiffes. Schleifer steuert damit aber nicht die Richtung, sondern das Tempo. Das Karussell «Fahrt ins Paradies» von 1939 wird angetrieben von einem Motor mit Salzwasseranlasser. Dreht er am «Steuerrad», tauchen Bleche tiefer in Salzwasser, der Widerstand ändert sich und die Elf-PS-Fahrt wird schneller. Schleifer ist auf der Oidn Wiesn Schausteller, Plattenaufleger, Steuermann und Musiker in einem – während der Fahrt greift er auch mal zu seinem Tenorsaxofon. Wenn er nicht am Rummel ist, wird er Restaurator, Elektriker, Maler und Schreiner. Er hat das Karussell selbst hergerichtet, der Fund in einer alten Scheune war «ein Glücksfall». Nach dem Fest spürt er die Arbeit in Ellbogen und Schulter – 16 Tage Drehen am Rad gehen nicht spurlos vorbei.

 

SCHICHTL

Manfred Schauer ist Inhaber des legendären Wiesn-Varietés «Schichtl». Dort zelebriert er vor staunendem Publikum die «Hinrichtung eines lebenden Menschen auf offener, hellerleuchteter Bühne mittels Guillotine». Schauer ist dabei auch Rekommandeur, der vor dem Theater vorbeiziehende Wiesnbesucher zum Hereinkommen animiert. Mit «Auf geht’s beim Schichtl» lädt das Traditionstheater seit dem 19. Jahrhundert zu seiner «Extra-Galavorstellung mit noch nie dagewesenen Sensationen» ein. Schauer hat es vor 30 Jahren übernommen. In dieser Zeit hat er Tausende Wiesn-Besucher mit seiner Spezial-Guillotine enthauptet und lebendig wieder nach Hause gehen lassen.

 

dpa/mk

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