Mo, 07.03.2016 , 09:14 Uhr

Frauen warten noch immer auf gleiche Chancen im Job

Lohnlücke und Aufstiegshürden – noch immer geht es für viele Frauen im Job nur zäh voran. Auch zum diesjährigen Frauentag bleibt das Thema ganz oben auf der Agenda.

 

Es gibt Bewegung, aber noch lange nicht genug: Frauen haben in der Arbeitswelt auch heute mit teils erheblichen Nachteilen zu kämpfen – ob es nun darum geht, den eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten oder fürs Alter vorzusorgen. Zum Internationalen Frauentag an diesem Dienstag (8. März) bleibt die berufliche Gleichstellung von Frauen und Männern deshalb zentrales Thema. Wo liegen die größten Defizite? Und wo gibt es Fortschritte?

 

BERUFLICHE QUALIFIKATION:

 

Frauen in Deutschland sind heute so gut ausgebildet wie nie zuvor. So konnte im Jahr 2011 nach neuesten Daten des Statistischen Bundesamtes gut ein Viertel der erwerbstätigen Frauen einen Hochschul- oder vergleichbaren Abschluss vorweisen, und bei den jüngeren Frauen im Job zwischen 30 und 34 Jahren lag dieser Anteil mit 35 Prozent sogar noch über dem der gleichaltrigen Männer (31 Prozent). Zugleich sank der Frauenanteil an den gering qualifizierten Arbeitskräften. Das bedeutet aber nicht unbedingt, dass Frauen auch Jobs machen, die ihrer Ausbildung entsprechen: 2014 etwa sahen sich 14 Prozent der berufstätigen Frauen für ihre Arbeit überqualifiziert und damit ein spürbar größerer Anteil als bei den Männern (10 Prozent).

 

ERWERBSBETEILIGUNG UND ARBEITSBEDINGUNGEN:

 

Die Zahl der Erwerbstätigen ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen – und das liegt nicht zuletzt daran, dass mehr Frauen berufstätig sind. Trotzdem arbeiten sie im Vergleich zu Männern noch immer seltener. Vor allem ab Familiengründung zieht sich ein Teil der Frauen zumindest zeitweise vom Arbeitsmarkt zurück – um später häufig in Teilzeit oder über Minijobs wieder einzusteigen. Beide Modelle werden von Frauen nach wie vor deutlich häufiger genutzt als von Männern.

 

BEZAHLUNG:

 

Hier liegt für viele Experten der Dreh- und Angelpunkt in Sachen Chancengleichheit im Job. Auch wenn das Problembewusstsein gewachsen ist, verdienen Frauen in Deutschland nämlich im Schnitt brutto noch immer rund 22 Prozent weniger als Männer. Damit ist die Lohnkluft in Deutschland so groß wie in kaum einem anderen Land Europas – und sie ist erstaunlich stabil. Gründe werden darin gesehen, dass Frauen andere, geringer bezahlte Tätigkeiten machen, häufiger in Branchen mit tendenziell geringerem Verdienst beschäftigt sind, wie etwa im Gesundheitswesen oder im Einzelhandel, und häufiger in Teilzeit arbeiten. Der Arbeitgeberverband BDA sieht die Lohnlücke deshalb auch als „Resultat persönlicher Entscheidungen, die sich auf den Erwerbsverlauf und die berufliche Entwicklung auswirken“.

 

Abhilfe könne nur schaffen, wer an den Ursachen ansetze, so der BDA – durch den Ausbau der Kinderbetreuung, eine erweiterte Berufswahl der Frauen, flexiblere Arbeitszeiten und eine partnerschaftliche Aufgabenverteilung in der Familie. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) macht sich für ein Recht auf befristete Teilzeit stark – «damit Beschäftigte ihre Arbeitszeit nach Bedarf auch wieder aufstocken können, und auch Männer sich trauen, in bestimmten Lebensphasen ihre Arbeitszeit zu reduzieren». Und Henrike von Platen vom Frauennetzwerk Business and Professional Women (BPW) fordert: Frauen und Männer, aber auch Unternehmen und Politik sollten gemeinsam daran arbeiten, die Lohnlücke zu schließen.

 

KARRIERECHANCEN:

 

Bisher haben es nur wenige Frauen in die höchsten Etagen der Unternehmen in Deutschland geschafft – und auch auf die seit Jahresbeginn geltende Frauenquote für Führungspositionen reagierten viele betroffene Firmen schleppend. Nach einer Studie der Beratungsgesellschaft Kienbaum könnte sich hier etwas tun: Mittlerweile hätten sich die meisten betroffenen Unternehmen entsprechende Zielgrößen gegeben, heißt es in der Studie, die mit lediglich 88 teilnehmenden Unternehmen allerdings nicht repräsentativ ist. Auch BPW-Präsidentin Platen ist aber zuversichtlich, dass die Quote positive Wirkung entfalten wird: „Dieser Stein rollt jetzt gerade, und ich hoffe, dass es ausreicht, mehr Sichtbarkeit von Frauen zu bekommen.“

 

Laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung war 2014 ein Viertel der Führungskräfte in der obersten Leitungsebene privater Firmen weiblich, und auf der zweiten Führungsebene lag der Frauenanteil bei 39 Prozent. Chefinnen gibt es dabei häufiger in kleinen Unternehmen, und in Branchen, in denen traditionell viele Frauen unterwegs sind wie Gesundheit, Erziehung und Unterricht. Ein weniger starres Arbeitszeit-Korsett würde aus Sicht der IAB-Forscherinnen Susanne Kohaut und Iris Möller helfen, Karrierehürden beiseite zu räumen. „Wenn Führungsaufgaben in Teilzeit ausgeübt werden, lassen sich familiäre Pflichten besser mit beruflichem Aufstieg verbinden“, schreiben die Expertinnen in ihrer Studie.

 

rg / dpa

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