Fr., 06.06.2014 , 16:22 Uhr

Heftiger Streit zwischen Herrmann und Gauweiler

Im Europawahlkampf sollte Peter Gauweiler ein konservatives Aushängeschild der CSU sein. Doch in Sachen Ukraine-Krise und Bundeswehr-Auslandseinsätze liegt Gauweiler eher auf einer Linie mit der Linken. Das führt zu massivem Streit mit Innenminister Joachim Herrmann.

 

In der CSU rumort es nach der Europawahlniederlage nun an einer neuen Front: Innenminister Joachim Herrmann griff am Freitag Parteivize Peter Gauweiler scharf an, weil dieser die Auslandseinsätze der Bundeswehr für verfassungsrechtlich fragwürdig hält. Der CSU-Vize zielt vor allem auf den Afghanistan-Einsatz: «Eine Aktivität, die unserer Verfassungslage in nichts entspricht», scheibt Gauweiler in einem Redemanuskript, das er auf seiner Webseite veröffentlicht hat. Gauweiler zieht aber auch den Libyen-Einsatz und andere Auslandsmissionen der Bundeswehr in Zweifel.

 

Dazu sagte Herrmann: «Was Gauweiler gesagt hat, ist völlig falsch.» Es sei unverantwortlich, den Soldatinnen und Soldaten, die noch immer in Afghanistan ihren Dienst leisteten, zu unterstellen, sie würden sich außerhalb der vom Grundgesetz gesetzten Grenzen bewegen. «Wir dürfen unseren Soldatinnen und Soldaten nicht in den Rücken fallen», sagte Herrmann der Nachrichtenagentur dpa.

 

Auslandseinsätze verfassungswidrig?

 

An der verfassungsrechtlichen Legitimation des Auslandseinsatzes der Bundeswehr in Afghanistan gebe es nicht den geringsten Zweifel. «Nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 hat die internationale Gemeinschaft das Eingreifen in Afghanistan beschlossen, weil die damalige afghanische Regierung das Treiben der Terroristen toleriert hatte und befürchtet werden musste, dass von dem Land weitere terroristische Angriffe auf die westliche Welt gestartet werden. Die Vereinten Nationen waren sich einig, dass Afghanistan nie wieder ein Rückzugsraum für den internationalen Terrorismus werden durfte.»

 

Der Bundestag habe den Bundeswehreinsatz in Afghanistan mit breiter Mehrheit beschlossen und mehrfach verlängert, betonte Herrmann. «Und schließlich hat das Bundesverfassungsgericht 2007 nicht den geringsten Zweifel daran gelassen, dass der ISAF-Einsatz der Bundeswehr vollständig in Einklang mit dem NATO-Vertrag und dem Grundgesetz steht.»

 

Gauweiler hatte sich in seiner Rede an der Hamburger Bundeswehr-Universität auf die Vorschrift des Grundgesetzes bezogen, dass die Bundeswehr nur zur Verteidigung eingesetzt werden darf. «Wenn das ein „Krieg“ war, hätten wir uns nicht beteiligen gedurft», heißt es in Gauweilers Manuskript über die deutschen Truppen in Afghanistan. «Deutschland wurde nicht angegriffen und auch im Übrigen bestand keine Verteidigungslage mit Blick auf Afghanistan mehr.» Gauweiler kritisiert auch andere Bundeswehr-Einsätze im Ausland wie in Libyen und folgert, der Verteidigungauftrag der Bundeswehr sei «aus den Augen verloren worden». Über die Rede berichtete der «Münchner Merkur» (Freitag).

 

Herrmann hatte Gauweiler bereits am Montag wegen dessen jahrelanger Kritik Gauweilers an der Euro-Rettung angegriffen. In der CSU-Spitze wird seit der Niederlage mehrheitlich die Meinung vertreten, dass die Partei mit ihrem «Ja, aber» zur EU im Wahlkampf einen schwer vermittelbaren Kurs folgte.

 

Auch Seehofer in Schwierigkeiten

 

Das hat auch Parteichef Horst Seehofer in Schwierigkeiten gebracht. Der frühere Ministerpräsident Günther Beckstein mahnte Seehofer im «Focus», er könne die Frage des personellen Übergangs an der Parteispitze «nicht alleine» beantworten. Seehofer dagegen hat in den vergangenen Monaten mehrfach durchblicken lassen, dass er selbst über seine Nachfolge entscheiden will. Bei der Suche nach dem richtigen Termin für die Auswahl des Kronprinzen nannte Beckstein aber ebenso wie Seehofer das Jahr 2017.

 

Der frühere Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich kritisierte Seehofer in der «Welt» (Freitag), ohne seinen Parteichef namentlich zu nennen: «Für einige Wähler war die Europawahl auch Gelegenheit, ihren Protest gegen mangelnde Glaubwürdigkeit der Politik auszudrücken», sagte Friedrich. Als Beispiel nannte er die von der CSU im Bundestagswahlkampf geforderten Steuersenkungen, die Seehofer nach der Wahl auf Eis gelegt hatte.

 

RG / dpa

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