Polizisten leben gefährlich. Rechnerisch wurde 2015 fast jeder zweite Beamte verbal oder körperlich angegriffen. Dabei sei Gewalt gegen Polizisten auch Gewalt «gegen unseren Rechtsstaat», sagt ein SPD-Politiker.
München – Beleidigt, bespuckt, geschlagen: Immer mehr Polizisten und Rettungskräfte in Bayern sind Opfer psychischer oder körperlichen Gewalt. Die Zahl der Angriffe gegen Polizisten stieg im vergangenen Jahr laut Innenminister Joachim Herrmann (CSU) um gut 3 Prozent auf 6919 Fälle. Gleichzeitig gab es 198 Straftaten gegen Rettungsdienstler (2014: 185). «Wir müssen mit aller Entschlossenheit die Sicherheit derer schützen, die uns schützen und helfen», sagte Herrmann am Mittwoch in München. Der Minister forderte etwa härtere Strafen bei Widerstand gegen Beamte oder die Einführung einer Mindestfreiheitsstrafe von drei Monaten.
Video: Gewalt gegen Polizeibeamte und Rettungskräfte nimmt immer mehr zu. Mit der Kampagne „Auch Mensch“ will die Gewerkschaft der Polizei, GdP dem entgegenwirken.
Wie aus einem Bericht zur Gewalt gegen Polizisten hervorgeht, wurden 2015 fast 15 000 Polizisten angegriffen – rechnerisch war fast jeder zweite Polizist in Bayern betroffen. Mehr als 2000 Polizisten wurden verletzt – ein Höchststand seit dem ersten Bericht 2010. Zudem gab es acht versuchte Tötungsdelikte. Die meisten Angriffe fanden nachts und am Wochenende statt. Das Täterprofil ähnelt dem von 2014: Die Mehrzahl war zwischen 18 und 50 Jahre, viele polizeibekannt. 86 Prozent waren männlich, mehr als 67 Prozent standen unter Alkohol- oder Drogeneinfluss. «Alkohol ist weiterhin der Aggressionsverstärker Nummer eins», sagte Herrmann.
Video: Die Bundespolizei am Hauptbahnhof testet Bodycams. Ein Jahr lang sollen ausgewählte Beamte ihre Erfahrungen im Einsatz dokumentieren.
Florian Herrmann (CSU) beklagte im Innenausschuss eine Verschiebung des Wertesystems. Widerstand gegen Polizeibeamte sei zur «veredelten Form von Zivilcourage» geworden. Peter Paul Gantzer (SPD) betonte, Gewalt gegen Polizisten richte sich nicht nur gegen eine Person, sondern «gegen die staatliche Autorität, es geht gegen unseren Rechtsstaat». Er warb für Alkoholprävention und sagte, man müsse auch darüber nachdenken, die Sperrzeitregelung wieder einzuführen. Innenminister Herrmann will die Verantwortung bei den Kommunen lassen. «Dort wo es keine Probleme gibt, muss man auch nicht unnötig regulieren.»
(dpa/lby)