Fr, 15.11.2013 , 16:08 Uhr

Kunstkrimi München - eine Zusammenfassung

Seit Monaten wissen die Behörden von einem unglaublichen Kunstschatz in München – viel ist zunächst nicht passiert. Doch seitdem der Fall öffentlich ist, überschlagen sich die Ereignisse.

 

Der Fund

 

Monatelang lagen Kunstwerke von unglaublichem Wert in einem Depot am Münchner Stadtrand – völlig unbemerkt von der Öffentlichkeit und auch von dem ein oder anderen zuständigen Spitzenpolitiker.

 

Rasch schalteten sich Bundesregierung und bayerische Ministerien ein. Die Staatsanwaltschaft Augsburg, die den Fall übernommen hat, gab bei einer Pressekonferenz erste Datails heraus. (München.TV berichtete – hier zum Beitrag)

 

Wo vorher eine einzige Expertin ausreichen sollte, muss nun eine Taskforce her, um die Herkunft der wertvollen Bilder zu klären. Das bayerische Justizministerium bringt sogar eine Gesetzesnovelle für NS-Raubkunst ins Spiel. Es gehe schließlich «um die Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland für die Aufarbeitung der Verbrechen des Nationalsoziasmus», sagte der bayerische Justizminister Winfried Bausback.

 

Die Veröffentlichung

 

Der öffentliche Druck führte binnen weniger Tage dazu, dass zunächst 25 Bilder in die Lost-Art-Datenbank eingestellt wurden, darunter Werke von Größen wie Marc Chagall, Otto Dix, Max Liebermann, Henri Matisse und Auguste Rodin.

Der Ansturm auf die Datenbank, wo sie in Briefmarkengröße zu sehen sind, überlastete den Server: fast 5 Millionen Zugriffe, wo sonst am Tag maximal 50 000 verzeichnet werden. Wenn, wie von Taskforce-Leiterin Ingeborg Berggreen-Merkel angekündigt, in der kommenden Woche die übrigen mehr als 500 Bilder, die im Verdacht stehen, NS-Raubkunst zu sein, ins Internet gestellt werden, dürfte sich die Klickzahl noch einmal erhöhen.

 

Die Politik

 

Der Kunstfund von München hat das Thema Nazi-Raubkunst, das sonst vor allem in Fachkreisen diskutiert wurde, endlich auch auf die große politische Agenda gehoben.

 

Bayerns Justizminister Bausback zieht nun sogar eine Gesetzesänderung in Erwägung. Wenn früheren Eigentümern, die in der Nazi-Zeit faktisch enteignet worden seien, jetzt Verjährung entgegengehalten werde, sei das schwer erträglich, sagte er der SZ.

Bei 590 der rund 1400 Bilder, die im Februar 2012 in Gurlitts Münchner Wohnung beschlagnahmt wurden, besteht der Verdacht, es könne sich um NS-Raubkunst handeln. Wie lange es dauert, bis ihre Herkunft endgültig geklärt ist, lässt sich nur erahnen, mögliche zivilrechtliche Auseinandersetzungen mit den Erben von Vorbesitzern würden sich womöglich jahrelang hinziehen. Die Staatsanwaltschaft Augsburg hat schon zahlreiche Anfragen von Nachkommen jüdischer Verfolgter bekommen. Wohl auch wegen der drohenden, unüberschaubaren rechtlichen Streitigkeiten dringen die bayerischen Behörden nun auf eine einvernehmliche Einigung mit Gurlitt.

 

Die Kritik

 

Dass die bei Gurlitt im Zuge von Steuerermittlungen beschlagnahmten Bilder bisher unter Verschluss gehalten wurden, hatte internationale Kritik ausgelöst. Auch Bausback räumt ein: «Es ist richtig, dass die politische Brisanz des Bilderfundes über eine lange Zeit nicht richtig erkannt wurde.» Die Bundesregierung weist aber Kritik zurück, sie habe sich zu spät eingeschaltet. Im übrigen, so sagt Regierungssprecher Steffen Seibert, habe die Federführung des gesamten Vorganges bei der Staatsanwaltschaft in Augsburg gelegen.

 

Die hat den Schwarzen Peter dieser Tage oft zugeschoben bekommen. Freilich waren auch die Persönlichkeitsrechte Gurlitts zu schützen, dessen Adresse nun ganz Deutschland kennt. Seine Bilder wurden wegen des Verdachts der Unterschlagung und Steuerhinterziehung konfisziert, betont die Staatsanwaltschaft.

 

Dass es sich dabei um einen kunsthistorischen Sensationsfund handelt, habe mit dem Verdacht überhaupt nichts zu tun. Die Beschlagnahme sei eine «Zwangsmaßnahme im Rahmen eines staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens» – und damit grundsätzlich nicht öffentlich.

Dass aber nicht einmal die damals zuständigen bayerischen Minister Bescheid wussten, das ist zumindest bemerkenswert. Die erfuhren erst aus der Zeitung von dem Sensationsfund. Gurlitt selbst hat sich noch nicht umfassend geäußert. Sein bislang einziger kurzer Kommentar zu dem Ganzen: «Das alles ist eine große Büberei.»

 

Das Versprechen

 

Zu der heutigen Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion in Sachen „Schwabinger Kunstfund“ gibt das Staatsministerium der Justiz folgende Erklärung ab:
 
Justizminister Prof. Dr. Winfried Bausback wird am 27. und 28. November 2013 im bayerischen Landtag in den Ausschüssen für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen bzw. für Wissenschaft und Kunst umfassend zu den Fragen im Zusammenhang mit dem „Schwabinger Kunstfund“ Stellung nehmen. Dies hat der Minister bereits gestern zugesichert.
 
Wichtig ist in erster Linie, dass die Herkunft der beim sog. „Schwabinger Kunstfund“ sichergestellten Kunstwerke nun auf breiter Basis so rasch und transparent wie möglich festgestellt wird. Es besteht Einigkeit, dass dies in einem Strafverfahren allein nicht hinreichend geklärt werden kann. Bund und Länder haben deshalb eine Task-Force mit Expertinnen und Experten für Provenzienzrecherche zusammengestellt. Die Task-Force hat gestern mitgeteilt, dass alle rund 590 Kunstwerke, bei denen ein möglicher NS-verfolgungsbedingter Entzug nicht ausgeschlossen ist, ab kommender Woche im Internet unter www.lostart.de veröffentlicht werden.

 

 

jn / dpa

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