Di, 18.11.2014 , 08:50 Uhr

München: Gericht sieht keinen Anlass zur Prüfung von Gurlitts Testament

War Cornelius Gurlitt zurechnungsfähig, als er seinen letzten Willen verfasste? Der Jurist und Psychiater Helmut Hausner äußert in einem Gutachten Zweifel daran – das zuständige Nachlassgericht sieht aber vorerst keinen Grund, tätig zu werden.

 

Das zuständige Nachlassgericht sieht zur Zeit keinen Anlass, das Testament des Kunstsammlers Cornelius Gurlitt zu überprüfen. „Da derzeit kein Erbscheinsantrag vorliegt, findet auch keine Prüfung der Wirksamkeit des Testaments statt“, teilte eine Sprecherin des Münchner Amtsgerichtes mit. Das Gutachten des Psychiaters und Juristen Helmut Hausner, demzufolge der Sohn von Adolf Hitlers Kunsthändler Hildebrand Gurlitt an „paranoiden Wahnideen“ litt, liege dem Gericht vor (Muenchen.tv berichtete). Der Münchner Anwalt Christoph Edel, unter dessen Betreuung der schwer kranke Gurlitt bis zu seinem Tod gestellt war, wollte sich dazu nicht äußern.

 

Gurlitts Cousin Dietrich Gurlitt (95) und die Cousine Uta Werner (86) hatten das Gutachten in Auftrag gegeben. Sie waren in Gurlitts Testament übergangen worden. Allerdings wollen sie weder einen Erbschein beantragen noch das Erbe anfechten. Es gehe den betagten Verwandten lediglich darum, die Situation zu klären – auch für künftige Erbengenerationen.

 

„Im konkreten Verfahren liegt bislang ein Erbscheinsantrag nicht vor“, hieß es vom Amtsgericht. Ob das Gericht bei Eingang eines solchen Antrags Ermittlungen aufnimmt oder sofort durch Beschluss entscheidet, müsse „die für das Verfahren gegebenenfalls zuständige Richterin unter Würdigung aller vorhandenen Informationen entscheiden“.

 

Gurlitts ehemaliger Anwalt widerspricht dem Gutachten

 

Der ehemalige Anwalt von Cornelius Gurlitt, Hannes Hartung, dem Edel einst das Mandat entzog, hält das Gutachten von Hausner, der Gurlitt nie persönlich getroffen hat, für falsch. „Hier soll Cornelius Gurlitt posthum ins Irrenhaus gesteckt werden“, sagte er der „Welt“ und kritisierte seine „Ferndiagnose“. „Nach meiner persönlichen Wahrnehmung war Cornelius Gurlitt auf jeden Fall testierfähig. Er konnte die Tragweite von Verfügungen und Willenserklärungen ermessen und war hinreichend orientiert“, sagte Hartung. „Abgesehen davon, dass ein solches Gutachten juristisch nicht tragfähig werden dürfte, halte ich es für unwürdig und respektlos gegenüber dem Verstorbenen.“

 

Der im Mai gestorbene Gurlitt hatte seinen Besitz dem Kunstmuseum Bern vermacht – darunter hunderte Kunstwerke aus seiner Wohnung in München-Schwabing und seinem Haus in Salzburg. Das Kunstmuseum Bern will seine Entscheidung über die Annahme des Erbes am 26. November bekanntgeben.

 

Die Sammlung Gurlitt umfasst hunderte Werke, bei denen es nicht auszuschließen ist, dass es sich um Nazi-Raubkunst handelt. Nach Angaben eines Sprechers der Taskforce „Schwabinger Kunstfund“ müssen 492 Werke auf ihre Herkunft untersucht werden. Nach weiteren Funden wurde die Zahl nach oben korrigiert. Erst bei zwei Bildern, der „Sitzenden Frau“ von Henri Matisse und „Zwei Reiter am Strand“ von Max Liebermann, ist die Provenienzrecherche abgeschlossen. Das Ergebnis: Bei den Gemälden handelt es sich um Raubkunst.

 

Wenn das Kunstmuseum Bern das Erbe des Kunstsammlers Cornelius Gurlitt ausschlagen sollte, will die Cousine Uta Werner als gesetzliche Erbin sämtliche Raubkunst sofort zurückgeben, wie sie in der vergangenen Woche über ihren Anwalt erklären ließ. Die beiden Verwandten haben selbst jüdische Wurzeln. „Die Familie wünscht, dass die Sammlung der Klassischen Moderne, die Hildebrand Gurlitt aus der Aktion „Entartete Kunst“ gerettet hat, zusammenbleibt und dauerhaft in einem deutschen Museum ausgestellt wird“, teilte der Anwalt Wolfgang Seybold mit.

 

rg / dpa

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