Di, 09.05.2017 , 15:37 Uhr

Qualvoller Tod im Schlachthof - Behörden prüfen Gesetzesverstöße

Wieder ruft ein Fall von Tierquälerei in Schlachthöfen die Behörden auf den Plan. Die Betäubung von Schweinen und Rindern ist offenbar stümperhaft. Tierschutzverstöße scheinen an der Tagesordnung zu sein.

 

Schweine, die sich trotz Betäubung vor Schmerzen krümmen, Schafe, denen an den Kopf getreten wird – Tierquälerei in Schlachthöfen wie zuletzt in Fürstenfeldbruck ist kein Einzelfall. Bei bisher zwölf Sonderkontrollen in elf bayerischen Schlachthöfen seit Jahresbeginn gab es nur in zwei Fällen keine Verstöße gegen die Vorschriften zur Betäubung der Tiere. Bei sieben Kontrollen in sechs Betrieben, die genauer angeschaut wurden, wurden 17 Betäubungsmängel festgestellt – zwölf davon in einem einzigen Schlachthof, wie das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) am Dienstag auf Anfrage mitteilte.

 

Allerdings seien nur in einem Betrieb gravierende Verstöße registriert worden, ergänzte LGL-Sprecher Aleksander Szumilas. Verbraucherschutzministerin Ulrike Scharf (CSU) kündigte erneut strengere Kontrollen in bayerischen Schlachthöfen an. «Verstöße gegen den Tierschutz sind nicht hinnehmbar», sagte sie. Defizite müssten von den Betreibern der Betriebe dauerhaft abgestellt werden.

 

Der Schlachthof in Fürstenfeldbruck ist seit dem Wochenende geschlossen. Einer Tierrechtsorganisation waren Filmaufnahmen zugespielt worden, die gravierende Verstöße gegen gesetzliche Auflagen beim Tierschutz belegen sollen. Die Bilder zeigen angeblich, wie Schweine und Rinder qualvoll verenden, weil die Schlachter die Tiere stümperhaft betäuben. Darüber hatten zuerst die «Süddeutsche Zeitung» und der Bayerische Rundfunk (BR) berichtet.

 

Das Landratsamt in Fürstenfeldbruck ist alarmiert. «Es besteht der Verdacht auf Verstöße gegen Tierschutzvorschriften», bestätigte Behördensprecherin Ines Roellecke. Die Verantwortlichen des Schlachthofs würden angehört. Die Videos der Tierrechtsorganisation seien gesichtet worden und an die Regierung von Oberbayern sowie an das LGL weitergeleitet worden. «Von beide Behörden erbitten wir Gutachten», erläuterte die Sprecherin. Die Bezirksregierung solle zudem prüfen, ob Maßnahmen gegen den Schlachthof notwendig sind.

 

Pikant an dem Fall in Fürstenfeldbruck: Der westlich von München gelegene Landkreis ist seit 1997 stiller Teilhaber des Schlachthofes. Seit damals stecken umgerechnet gut 150 000 Euro Anschubfinanzierung in dem Betrieb. Zwar übt der Landkreis nach den Angaben Roelleckes keinerlei Geschäftstätigkeit in dem Schlachthof aus. Es seien aber mehrmals Gewinnbeteiligungen an ihn ausbezahlt worden.

 

Nach den Recherchen von «Süddeutscher Zeitung» und BR sind Verstöße gegen die Schlachtverordnung an der Tagesordnung. Teils würden die Betäubungszangen zum Verabreichen eines starken Stromschlages nicht fachgerecht angesetzt, teils werde die Wirksamkeit der Betäubung nicht überprüft. Selbst Betriebe, die Biofleischprodukte herstellen, seien davon betroffen.

 

Für das Verbraucherschutzministerium belegen die jüngsten Verstöße in Fürstenfeldbruck die Notwendigkeit der Reform bei der Lebensmittelüberwachung in Bayern. So soll die Kontrollzuständigkeit auch für einen nicht so großen Schlachthof wie dem in der oberbayerischen Kreisstadt 2018 auf die neue zentrale Kontrollbehörde für komplexe Betriebe übergehen. Um einen nahtlosen Übergang der Kontrollen auf die neue Behörde sicherzustellen, würden zudem bereits seit Jahresbeginn 2017 größere Schlachtbetriebe bei Sonderkontrollen durch das LGL überprüft.

 

dpa

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