Fr, 04.12.2015 , 09:20 Uhr

V-Mann-Affäre weitet sich aus - Kriminaldirektoren unter Verdacht

Sie wollten «keine schlafenden Hunde wecken»: Zwei Führungskräfte des LKA stehen unter Verdacht, sich bei der Vertuschung der V-Mann-Affäre selbst strafbar gemacht zu haben.

 

Die V-Mann-Affäre im bayerischen Landeskriminalamt weitet sich aus. Mittlerweile wird nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur auch gegen zwei Kriminaldirektoren der LKA-Führungsebene ermittelt. Sie sollen gewusst haben, dass untergebene Kommissare Straftaten vertuschten – und dabei mitgeholfen haben.

 

 

Das Innenministerium in München bestätigte auf Anfrage, dass gegen die zwei Beamten strafrechtlich ermittelt werde. Polizisten sind rechtlich verpflichtet, Straftaten anzuzeigen, sonst machen sie sich selbst strafbar. Insgesamt ermittelt die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth mittlerweile gegen ein halbes Dutzend Polizisten.

 

 

Die Schlüsselfigur ist ein vorbestrafter Rocker, der vom Landeskriminalamt als «Vertrauensperson» angeheuert wurde. Der Spitzel bei den «Bandidos» sollte den Kripo-Männern zu Erkenntnissen über kriminelle Geschäfte etwa mit Drogen und Prostituierten verhelfen.

 

 

Der V-Mann aber war selbst kriminell. Eine Diebestour nach Dänemark im Jahr 2011 sollen der V-Mann-Führer im LKA und Kollegen sogar finanziell unterstützt haben. Als das aufzufliegen drohte, kamen die zwei Vorgesetzten ins Spiel. Einer der beiden war damals noch Kriminaloberrat (KOR), ist inzwischen aber ebenfalls zum Kriminaldirektor (KD) befördert.

 

 

So hielt ein LKA-Mann am 8. November 2011 schriftlich fest: Nach Entscheidung von KD und KOR werde auf die Auswertung von Protokolldaten verzichtet. «Begründung: Die Amtsleitung ist über den Fall Dänemark nicht informiert», heißt es in dem Dokument. «Nachdem der Vorfall derzeit gut auszugehen scheint, sollen keine schlafenden Hunde geweckt werden.»

 

 

Was im Klartext bedeutete: Der damalige LKA-Präsident Peter Dathe war ahnungslos und sollte es auch bleiben. Nach derzeitigem Erkenntnisstand wurde in den Folgemonaten die «VP-Akte» mehrfach manipuliert.

 

 

So hatte der V-Mann sehr genau dokumentiert, wofür er Geld vom LKA bekam. «Kosten zu Fahrt nach Essen, Beerdigung von Frau von Porno», lautet eine Mission, für die er dem LKA 2458 Euro in Rechnung stellte. In der Akte wurden derlei Details dann durch den wenig aufschlussreichen Vermerk «VP-Legendenbildung» ersetzt, manche Hinweise auf kriminelle Aktivitäten wurden offenbar gänzlich eliminiert.

 

 

Der «KOR» täuschte auch das Innenministerium: Er schrieb im Dezember 2012 für LKA-Präsident Dathe einen Brief an das Ministerium, der offensichtlich in mehrfacher Hinsicht stark von der Wahrheit abwich. So erklärte der Kriminaloberrat, der V-Mann habe keinen Auftrag gehabt, «außerhalb Bayerns oder im Ausland Daten zu erheben».

 

 

Tatsächlich war der «Bandido» mehrfach auf internationaler Geschäftsreise. So gab er in Prag eine mutmaßlich vom LKA bezahlte Suchanzeige für Prostituierte auf.

 

 

Und über die dänische Diebestour schrieb der damalige Kriminaloberrat, dass «zu keinem Zeitpunkt ein tragfähiger Anfangsverdacht zur Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen» bestanden habe. Nach heutigem Kenntnisstand wussten die LKA-Leute sehr wohl, dass die Rocker Minibagger stehlen wollten.

 

 

Hinweise, dass die beschuldigten Kommissare sich persönliche Vorteile verschafft hätten, gibt es nicht. Womöglich wollten die Polizisten nur ihren V-Mann schützen, um tieferen Einblick in die Geschäfte der «Bandidos» zu bekommen. Die zwei Führungskräfte aber wären verpflichtet gewesen, den Verdacht auf Straftaten ihrer Untergebenen zu melden.

 

 

Das Landeskriminalamt gibt unter Verweis auf das laufende Verfahren keine aktuelle Stellungnahme zu den Vorwürfen gegen die zwei Führungskräfte ab. Auch die zwei betroffenen Kriminaldirektoren dürfen sich laut LKA nicht äußern.

 

 

Schon im Untersuchungsausschuss Labor des Landtags war das LKA in ein unvorteilhaftes Licht geraten. Mehrere Ermittler berichteten über Grabenkämpfe und Intrigen. Einer der zwei unter Verdacht geratenen Kriminaldirektoren sagte im Mai als Zeuge aus.

 

 

«Auch für Polizeibeamte gilt die Unschuldsvermutung», sagt Franz Schindler (SPD), der Vorsitzende des Rechtsausschusses im Landtag. Doch er wirft dem Innenministerium vor, die Abgeordneten nicht vollständig informiert zu haben. Eine Petition des V-Manns war im Rechtsausschuss schon vor Monaten Thema. Doch damals wussten die Abgeordneten bei der Diskussion nicht, dass gegen Polizisten ermittelt wird. «Das hätte man uns sagen müssen», kritisiert Schindler. Im neuen Jahr soll Innenminister Joachim Herrmann (CSU) über den Fall berichten. Aufmerksamkeit ist ihm garantiert.

 

mk/dpa

Affäre LKA v-mann
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