Fr, 29.09.2017 , 10:47 Uhr

Wiesn-Treff der Spione ist geheime Verschlusssache

Laufsteg Wiesn: Promis posieren im Edel-Dirndl, der gemeine Besucher putzt sich heraus. Man will gesehen werden. Es gibt aber Gäste, die lieber inkognito bleiben. Auch Geheimdienstler treffen sich zur Wiesn. Der BND lud auf Staatskosten ein. Der Rest: Geheim.

 

München – In welchem Zelt sie wohl feiern? Ob sie Hendl essen, Bier trinken oder lieber Karussell fahren? Verschlusssache. Geheimdienste bleiben auch beim Oktoberfest gerne unerkannt. Bekannt ist nur: Jahrelang lud der Bundesnachrichtendienst befreundete Spitzel auf die Wiesn ein.

 

Der damalige Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele hatte vor gut zwei Jahren eine parlamentarische Anfrage gestellt und vor allem nach den Kosten gefragt. Mit Ausnahme von 2011 seien seit 2005 «zentral organisierte Großveranstaltungen mit Vertretern ausländischer Nachrichtendienste auf dem Münchner Oktoberfest durchgeführt» worden, hieß es damals in der Antwort des Bundeskanzleramts.

 

Der Bund der Steuerzahler (BdSt) nahm die Sache in seine Liste von Steuerverschwendungen oder zumindest fragwürdigen Staatsausgaben auf und forderte – da keine Gesamtkosten genannt wurden – Transparenz.

 

Eine Anfrage Ströbeles zur Wiesn 2017 brachte jedoch nichts Neues – jedenfalls nicht für die Öffentlichkeit: Das Kanzleramt stufte seine neue Antwort nun sogar als geheime Verschlusssache ein – die in der Geheimschutzstelle des Bundestages hinterlegt ist.

 

Klar wurde nach Auskunft von Ströbeles Büros nur: Die Treffen finden wohl weiter statt. Ob die Geheimdienstler sich 2016 wie andere Gäste von Terrorsorgen und miesem Wetter abschrecken ließen und nur am Rand des Fests zusammenkamen und wie sie dieses Jahr feiern, blieb offen. Nutzt mancher Promi die Wiesn gern als Laufsteg, so bleibt der BND lieber inkognito – und die Höhe seiner Wiesn-Kosten ungewiss.

 

«Bei einer öffentlichen Bekanntgabe weiterer Einzelheiten bestünde die Gefahr, dass Unbefugte Rückschlüsse auf die Interessen der beteiligten ausländischen Nachrichtendienste ziehen könnten», heißt es in der Antwort vom 19. September, die als Drucksache des Bundestages veröffentlicht werden soll. Der BND verweist auf Anfrage darauf.

 

2015 hatte das Kanzleramt noch erklärende Sätze veröffentlicht. «Die Termine werden mit Fachgesprächen verbunden, um den direkten Nutzen für das dienstliche Interesse zu ziehen», erläuterte damals der zuständige Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche. Der BND übernehme Bewirtungskosten in Höhe von 40 bis 50 Euro pro Person. Dafür bekommt man auf der Wiesn beispielsweise ein halbes Hendl und drei Maß Bier.

 

Ein Maulwurf hatte Ströbeles Aufmerksamkeit damals auf die Wiesn-Treffs gelenkt. Der anonyme BND-Mitarbeiter berichtete von Gesamtausgaben von gut 40 000 Euro im Jahr 2014. Das wäre allerdings fast günstig – verglichen mit manchem Promi-Event auf der Wiesn, der schon mal mit einem sechsstelligen Betrag zu Buche schlagen kann.

 

Angesichts von Besuchermassen und hochauflösenden Videokameras scheinen just auf der Wiesn vertrauliche Treffen schwer vorstellbar. Das Kanzleramt erklärt die Geheimhaltung aber auch damit: «Ein Verstoß gegen die vorausgesetzte Vertraulichkeit würde nicht nur die Fortführung der laufenden Gespräche in erheblichem Maß gefährden. Auch das internationale Ansehen des Bundesnachrichtendienstes würde herabgesetzt werden.» Ströbele, der die Voraussetzungen für die Einstufung als geheime Verschlusssache nicht erfüllt sieht, schließt: Die Sache sei dem BND wohl eher peinlich.

 

Einladungen im Zusammenhang mit dem Oktoberfest haben schon Bundespräsidenten in die Bredouille gebracht. Ex-Bundespräsident Christian Wulff, nach Vorwürfen der Vorteilsnahme in verschiedenen Fällen zurückgetreten und später gerichtlich freigesprochen, musste sich nicht zuletzt wegen eines Wiesn-Besuchs rechtfertigen.

 

Von Sabine Dobel, dpa

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