Der Werbemarkt in Bayern ist im Umbruch. ProSiebenSat.1 will regionale Werbung anbieten – die regionalen Medien fürchten deshalb um ihre Existenz. Wirtschaftsministerin Ilse Aigner hofft, den Konflikt „friedlich“ lösen zu können und gefährdet damit möglicherweise hunderte Arbeitsplätze.
München – Die Staatsregierung lehnt ein regionales Fernseh-Werbeverbot für nationale Fernsehsender ab. Stattdessen will Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) Möglichkeiten ausloten, wie regionale Verlage und Sender „gemeinsame Kooperationen“ mit größeren Medienunternehmen eingehen können. Genau das könnte allerdings die Existenz der lokalen Medien gefährden und neben hunderten Arbeitsplätzen bei TV-Stationen auch die bei Radio- und Lokalzeitungen bedrohen.
Planungen für eine solche Kooperation waren erst kürzlich bekannt geworden. Die ProSiebenSat.1 Media AG wollte sich mit TV Bayern zusammentun, um gemeinsam auf dem regionalen Werbemarkt nach Kunden zu fischen. TV Bayern vermarktet allerdings die 16 Lokalsender, darunter auch münchen.tv. Viele davon sind gegen diese Kooperation.
Lokalmedien fürchten Verdrängungswettbewerb
Bisher blieb der regionale Werbemarkt den lokalen Medien überlassen, die nun einen Verdrängungswettbewerb befürchten. Der lokale Hörfunk wird zu fast sechzig Prozent aus regionaler Werbung finanziert. Bei Lokal-Zeitungen sind es etwa dreißig Prozent. Schwindet der Anteil weiter sieht es schlecht aus für deren künftige Finanzierung.
ProSiebenSat.1 könnte durch TV Bayern an die Kundenkontakte der Lokalsender kommen und eine Kooperation anschließend wieder beenden. Die TV-Stationen in Bayern wären ihre wichtigen Regionalkunden dann endgültig los“,erläuterte Felix Kovac, der Geschäftsführer des Augsburger Regionalsenders a.tv, in einer Pressemitteilung.
SPD und Freie Wähler wollten Lokalfernsehen per Gesetz schützen
Unter anderem die SPD und die Freien Wähler wollten die Lokalen Medien unterstützen und per Gesetz regionale Werbung auf den nationalen Sendern unterbinden. „Die regionalen Werbemärkte müssen für die großen Konzerne und die global player tabu bleiben“, sagte die SPD-Abgeordnete Martina Fehlner. „Ich weiß nicht, ob durch ein Verbot auf regionaler Ebene das Problem auf Dauer gelöst werden kann“, sagte Aigner (CSU) dazu.
Die Staatsregierung lege großen Wert auf die regionale Medienvielfalt. „Aber die bundesweiten Sender, die auch ihren Sitz in Bayern haben, fürchten die Konkurrenz durch Google, Apple und Co.“ Die „größte Gefahr“ komme aus dem Internet, weil im Netz nicht nur regionalisierte, sondern personalisierte Werbung möglich sei.
Deswegen glaube sie, dass die Zielrichtung Kooperationen sein müssten, „weniger über Verbote“. Wie solche Kooperationen aussehen könnten, führte Aigner jedoch nicht aus: „Das ist eine schwierige Geschichte“, sagte sie.
Auch Medienrat kritisiert die Entscheidung
Ganz anders sieht das der Vorsitzende des bayerischen Medienrats Erich Jooß, der enttäuscht ist, dass sich die Politik nicht mit dem Medienrat abgesprochen hat. „Lokale und regionale Medien mit journalistischem Anspruch seien auf Dauer nur überlebensfähig, wenn sie politisch gewollt und durch einen dauerhaften Regulierungsrahmen unterstützt werden.“