Di, 15.01.2019 , 12:10 Uhr

Urlaub im Schneechaos - "Noch genügend zu essen?"

Schneemassen auf den Dächern, gesperrte Straßen, viele Lifte geschlossen, die Lawinengefahr hoch: Klingt nicht nach Urlaubsfreuden. Mancher Feriengast sagte ab – doch viele kamen trotzdem in die Wintersportgebiete Bayerns.

 

Berchtesgaden/München: Die Telefone klingeln dieser Tage ständig in Tourismusämtern, bei der Lawinenwarnzentrale und bei den Liftbetreibern in den Schneeregionen Bayerns. „Die Leute fragen, ob wir überhaupt erreichbar sind und ob wir noch genügend zu essen haben“, sagt Jörn Homburg, Sprecher der Bergbahnen Oberstdorf/Kleinwalsertal. Hungern muss freilich niemand – auch wenn in fünf Landkreisen Bayerns der Katastrophenfall ausgerufen worden war.

 

In Berchtesgaden, das seit Tagen im Brennpunkt steht, reisten manche Gäste lieber nicht an. „Die Leute sind schon beunruhigt, es gibt auch Stornierungen“, berichtet Isabel Stöckl von der Berchtesgadener Land Tourismus GmbH. Von massenhaften Absagen könne aber keine Rede sein. „Es ist ja nicht so, dass wir von der Welt abgeschnitten sind.“ Man könne viel unternehmen, auch wenn manche Lifte nicht fahren, etliche Wanderwege und Loipen wegen der Gefahr umstürzender Bäume gesperrt sind und Skitouren wegen der Lawinengefahr besser ausfallen sollten.

 

 

Wer sich dennoch ins Gelände wagt, riskiert womöglich viel. Seit dem Einsetzen der Schneefälle starben mehrere Skifahrer in Lawinen. Die meisten waren abseits der Pisten in gefährdetem Gelände unterwegs. In Österreich wurden allerdings sechs deutsche Schüler auf einer gesicherten Piste am Wildkogel von einer Lawine erfasst und teils verschüttet. Sie kamen nahezu unverletzt davon, dennoch sorgt das für Beunruhigung. „Wir bekommen Anfragen, zum Beispiel: Kann ich mein Kind in den Skikurs schicken?“, sagt der stellvertretende Leiter der Lawinenwarnzentrale Bayern, Thomas Feistl. Letztlich kein Problem – in Skigebieten legen Liftbetreiber höchste Sicherheitsmaßstäbe an.

 

Lawinengefahr, aber auch starker Wind, Schneebruch und gefrorene Seile – viele Lifte blieben Anfang der Woche geschlossen, darunter auch in Deutschlands höchstgelegenem Skigebiet auf der Zugspitze. Dort soll es an diesem Mittwoch wieder losgehen. „Die Sicherheit unserer Gäste hat stets oberste Priorität für uns, so dass Abfahrten und Lifte temporär auch gesperrt werden, wenn die Lawinenkommission sie nicht freigibt“, sagt Verena Lothes von der Bayerischen Zugspitzbahn.

 

 

Auch in den Münchner „Hausgebieten“ am Spitzingsee und am Sudelfeld standen die Lifte. Teils waren Zufahrten wegen Lawinensprengungen gesperrt. Bäume brachen unter der Schneelast und stürzten in Pisten. „Wir hoffen, dass wir Mitte oder Ende der Woche wieder in Betrieb gehen können“, sagt Antonia Asenstorfer vom Bergbahnverbund Alpen Plus, zu dem die Gebiete zählen. Dass es mit dem Neustart etwas dauert, liege auch daran, dass in den Landkreisen Miesbach und Bad Tölz/Wolfratshausen der Katastrophenfall galt. Die Helfer von Berg- und Skiwacht waren anderweitig beschäftigt. Unter anderem mussten noch immer Dächer vom Schnee freigeschaufelt werden. „Wir ernten sehr viel Verständnis. Die Leute wissen: Sicherheit geht vor.“

 

Nur anfangs hätten Menschen mit Unverständnis auf die Ausfälle an den Liften reagiert: Endlich Schnee – und trotzdem Skigebiete gesperrt. Kunstschnee, der in Zeiten des Klimawandels den Wintersport weiter möglich machen soll, braucht es jetzt gerade vielerorts nicht – selbst Schneekanonen versanken tief im natürlichen Schnee. Bei guten Pistenverhältnissen dürfte es zum Wochenende hin viel Andrang geben – zumal wenn die Straßen wieder frei sind. Das Landratsamt Berchtesgaden hatte vergangene Woche angesichts der Schneebruchgefahr und glatter Straßen dringend geraten, „alle nicht zwingend notwendigen Autofahrten zu vermeiden“.

 

Wo Gäste nicht ankamen, nehmen es die Hotelbesitzer gelassen. Das komme öfter einmal vor – Schneechaos und Stau auf den Autobahnen gebe es jeden Winter, sagt ein Hotelier. Urlauber, die angekommen waren, genossen die Winterpracht. „Letztes Jahr hatten wir keinen Schnee und wollten gern Schnee erleben – jetzt haben wir ihn“, sagte Reinhard Stäudinger, der mit seiner Frau Christine vergangene Woche in Berchtesgaden Urlaub machte. „Wir wohnen in einem Gebiet, in dem es nicht schneit. Wir lieben Schnee.“ Zwar sei aus dem Schneeschuhgehen nichts geworden, aber das sei eben die Natur. „Alles, was nicht geht, verschieben wir aufs nächste Mal.“ Selbst im Berchtesgadener Ortsteil Buchenhöhe, zu dem die Zufahrt tagelang wegen Schneebruchgefahr gesperrt war, ließen sich Gäste nicht mit der Bundeswehr ausfahren.

 

Die riesigen Schneemengen schüren bei Liftbetreibern und Wintersportlern auch Hoffnungen: „Wir denken schon, dass wir eine lange Saison haben werden. Ob der Schnee tatsächlich bis über die Osterferien hält, können wir aber noch nicht sagen“, sagte Antonia Asenstorfer. Im vergangenen warmen Frühjahr hatte die Sonne den Schnee unerwartet rasch verzehrt. „Wir haben gedacht, der Schnee hält locker bis Mai. Aber binnen zwei Wochen war plötzlich alles weg.“

 

Von Sabine Dobel, dpa

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