Sie gehören mittlerweile zur Wiesn wie die Süßwarenverkäufer auf der Festwiese und das, obwohl sie nicht einmal auf das Oktoberfest-Gelände dürfen: Die Münchner Rikschafahrer. Ein Student, der das heuer zum ersten Mal macht, erklärt, wies läuft.
München – „Ich hatte zum Glück noch keine unangenehmen Gäste“, sagt Leo Meyer, der während der Wiesn an neun der 16 Wiesn-Tage oftmals stark betrunkenen Oktoberfest-Gäste in seinem Hänger kutschiert. Da haben Kollegen schon anderes erlebt.
Leo studiert in München Mathematik und Sport auf Lehramt. Doch am kommenden Montag soll es zu seiner Freundin auf die Karibikinsel Guadeloupe gehen – mal wieder. Denn dort absolvierte er bereits zwei Auslandssemester. Sein Geld verdient der 26-Jährige heuer erstmals als selbstständiger Rikschafahrer.
Sein Tag beginnt um 10 Uhr. Die Gegend zwischen Hauptbahnhof und Theresienwiese ist zuletzt zu seinem Revier geworden. Vier Fahrten macht er mit seinem Zweisitzer, wenn es gut läuft, bis mittags. Die Leute wollen auf die Wiesn. „Danach herrscht oft ein bisschen Flaute“, sagt Leo. Für ihn die Zeit etwas zu essen, zu rasten oder zum Marienplatz bzw. dem Englischen Garten zu fahren. Vielleicht geht ja da was…
Wieviel er verdient, will er nicht sagen. Nur so viel: „Es läuft nicht schlecht.“ (Das verdienen Münchens Rikschafahrer) Das Geheimnis? „Offen sein, auf die Leute zugehen aber keinesfalls aufdringlich wirken“, sagt der junge Mann mit Rasta-Haaren und Lederhose. „Man muss schon eine gewisse Ausstrahlung haben“, fügt er lächelnd hinzu. Sein Vorteil: Die Sprachen. Neben Deutsch und Bayerisch spricht er fließend Englisch und dank seiner spanischen Freundin sowie dem Guadeloupe-Aufenthalt ebenfalls fließend Französisch und Spanisch.
„Das wird dann zum Vorteil, wenn ich Touristen eine Stadtrundfahrt in ihrer jeweiligen Landessprache anbieten kann“, sagt Leo. Ein Alleinstellungsmerkmal, das ihm schon die ein oder andere zusätzliche Fahrt brachte. Am häufigsten möchten die Menschen zum Hofbräuhaus, an die Oper, den Marienplatz oder in den Englischen Garten.
Wenn die Kundschaft zu weit weg will, muss Leo das ein oder andere Mal schon auf ein Taxi verweisen. Denn wenn die Dämmerung einsetzt, will er zurück sein an den Rikscha-Hotspots rund um die Wiesn: Am Esperatoplatz, der Paulskirche oder am Haupteingang. Denn dann wollen die Oktoberfest-Besucher entweder zurück zum Hauptbahnhof, nach Hause, in die Münchner Nachtclubs oder ganz einfach ins Hotel.
Die Hochphase für Leo und seine Rikscha-Kollegen beginnt dann mit Zeltschluss um 23 Uhr. Für ihn endet der Tag erst in der Nacht, wenn er auch wirklich sicher ist, dass überhaupt nichts mehr geht. „Ich mache das während der Wiesn neunmal. Da kann man schon einmal eine Zeitlang etwas weniger schlafen“, findet er.
Vor allem dann, wenn man weiß, dass man in ein paar Tagen am Strand von Guadeloupe ausspannen kann.
mk