Di, 10.11.2015 , 15:46 Uhr

DFB: Skandal um Vergabe der WM zieht weitere Kreise

Eine brisanter Vertragsentwurf bringt Franz Beckenbauer und den DFB schwer in Bedrängnis. Der damalige Chef des Bewerbungs-Komitees soll das Schreiben unterzeichnet haben. Zumindest der Versuch einer Bestechung vor Vergabe der WM 2006 wird immer wahrscheinlicher.

 

 

Die Unterschrift eines brisanten Vertrags rückt Franz Beckenbauer endgültig in den Fokus des Skandals um die WM 2006 und legt einen deutschen Bestechungsversuch bei der Vergabe nahe. In der von Beckenbauer unterzeichneten Vereinbarung seien der Konföderation des früheren FIFA-Vizepräsidenten Jack Warner «diverse Leistungen» von deutscher Seite zugesagt worden, sagte Rainer Koch, Interimspräsident des Deutschen Fußball-Bunds, am Dienstag.

Dies seien «keine direkten Geldleistungen» gewesen, sondern unter anderem Vereinbarungen über Spiele, Unterstützung von Trainern beim Kontinentalverband CONCACAF oder Ticketzusagen für WM-Spiele an Warner selbst, erklärte Koch. Es bestehe keine Erkenntnis, ob dieser Vertrag, der vier Tage vor der WM-Vergabe im Jahr 2000 datiert, in Kraft getreten sei. Beckenbauer sei als damaliger Präsident des Bewerbungskomitees nicht allein vertretungsberechtigt für den DFB gewesen. Daher seien alle festgehaltenen Absprachen abhängig von einer Zustimmung des DFB-Präsidiums gewesen.

Angesichts der Unterschrift von Beckenbauer geht auch der Deutsche Fußball-Bund von einem möglichen Bestechungsversuch aus. «Das muss man so werten, dass zumindest über diese Fragen nachgedacht worden ist», sagte Reinhard Rauball, der vorerst gemeinsam mit Koch den DFB führt, beim TV-Sender Sky. «Wenn etwas schriftlich konzipiert ist, egal ob es dann formwirksam geworden ist oder nicht, dann ist das etwas, was diese Vermutung zulässt.»

Vier Jahre nach seinem Rücktritt von allen Ämtern war Warner Ende September lebenslang von der FIFA-Ethikkommission gesperrt worden. Der Funktionär aus Trinidad und Tobago galt als eine der korruptesten Figuren im Weltfußball und wurde von der Kammer als «Drahtzieher von Systemen, die die Gewährung, Annahme und den Empfang verdeckter und illegaler Zahlungen beinhalteten» bezeichnet. Warner war vor 15 Jahren eines von 24 stimmberechtigten Mitgliedern der FIFA-Exekutive.

Die Verbindung zu Warner bringt Beckenbauer in große Erklärungsnot. Bislang hatte der OK-Präsident zwar den «Fehler» eingeräumt, auf einen Vorschlag der FIFA-Finanzkommission eingegangen zu sein, einen Stimmenkauf aber vehement abgestritten.

«Wir haben die Bitte, dass er sich intensiver einbringt in die Aufklärung der Vorgänge», sagte Interims-Präsident Koch. Der 70-Jährige hatte bereits vor zwei Wochen vor den externen DFB-Ermittlern ausgesagt – offenbar sind Fragen geblieben.

Rauball forderte Beckenbauer auf, Stellung zu nehmen – sieht aber nur geringe Chancen auf eine andere Deutung des Entwurfs. «Mit der Unterschrift und mit dem vorformulierten Vertragstext ist es schwierig, da etwas auszuräumen», sagte der Ligapräsident. «Aber ich würde mich freuen, wenn er sich dazu äußert.»

Auch die Sportausschuss-Vorsitzende Dagmar Freitag forderte Aufklärung von Beckenbauer. «Es ist ganz wichtig, deutlich zu machen, dass Wolfgang Niersbach nur eine der handelnden Personen war», sagte die SPD-Politikerin dem Südwestrundfunk. «Gestern hat es erste Forderungen aus dem DFB von Interims-Präsident Rainer Koch gegeben, dass zum Beispiel Franz Beckenbauer seine sehr deutliche Zurückhaltung aufgeben muss und Antworten liefern muss. Es geht auch nicht anders. Es gibt andere, die viel mehr wissen als Wolfgang Niersbach.»

Der DFB strebt nun bis spätestens zur Europameisterschaft im Sommer 2016 die Wahl eines Nachfolgers für Niersbach an. «Gehen Sie davon aus, wir werden bei der Europameisterschaft ganz sicher vollständig geordnet aufgestellt sein», sagte Koch am Dienstag am Rande eines Diskussionsforums des Bayerischen Rundfunks.

Am Freitag stehen in Paris rund um das Länderspiel gegen Frankreich Gespräche von Koch, Rauball, Schatzmeister Reinhard Grindel und Generalsekretär Helmut Sandrock an. «Da werden wir uns in Ruhe zusammensetzen und besprechen, was akut ansteht», berichtete Koch. Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff signalisierte bereits, dass er nicht am Präsidentenamt interessiert ist.

 

dpa

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