Mo., 29.01.2018 , 11:30 Uhr

Klotzen statt kleckern - Carsharing-Fusion auf dem Prüfstand

Daimler und BMW zahlen bisher viel Geld für ihre Carsharing-Töchter – eine Investition in die Zukunft, um von Plattformen wie Uber später nicht überrollt zu werden. Ein Schulterschluss hätte viele Vorteile.

 

 

Schon seit 2016 wird über ein Zusammengehen der beiden Platzhirsche beim Carsharing in Deutschland spekuliert. Jetzt könnte der Deal zwischen car2go und DriveNow bald über die Bühne gehen. Nicht nur für ihre 1,6 Millionen Kunden hierzulande wäre das eine wichtige Nachricht, sondern auch für die Autobranche.

 

Wie funktioniert Carsharing?

 

Carsharing ist eine Form der Autovermietung, bei der der Kunde einen Rahmenvertrag abschließt – danach kann er die Mietautos selbstständig abholen und nutzen, wann und so lange er will. In Deutschland gibt es annähernd 20 000 Carsharing-Autos in 600 Städten. Bei Anbietern wie stadtmobil oder teilAuto holt der Kunde dieses an einer Station ab.

 

Bei Free-floating-Anbietern wie car2go oder DriveNow mieten und finden die Kunden ein Auto über Smartphone-Apps ohne feste Abhol- und Rückgabeplätze, die Zeiten werden minutengenau abgerechnet. Dieses Modell wächst rasant, vor allem in Großstädten. Die Daimler-Tochter car2go hat weltweit inzwischen drei Millionen Kunden – DriveNow, ein gemeinsames Unternehmen von BMW und Sixt, eine Million.

 

Warum engagieren sich Autobauer plötzlich als Autovermieter?

 

Geld verdienen sie damit noch nicht. Stefan Bratzel von der Wirtschaftshochschule in Bergisch-Gladbach nennt drei Gründe:

 

– Carsharing-Autos sind Werbung, Autofahrer können also mal einen Elektro-BMW i3, Mini, Smart oder Mercedes Probe fahren.

 

– Eigene Carsharing-Flotten sind für die Autokonzerne ein Absatzkanal, den sie selbst steuern. Wenn 20 000 Autos etwa alle sechs Monate ausgetauscht werden, dann «kommt einiges zusammen».

 

– Internetfirmen drängen mit Fahrdienst-Plattformen und ganz neuen Mobilitäts-Services auf den Markt. Viele junge Großstädter kaufen sich kein eigenes Auto mehr. Müssen die Hersteller somit befürchten, langfristig zu Zulieferern von Google, Apple, Uber oder Didi degradiert zu werden? Sie versuchen, deren Geschäftsmodelle verstehen zu lernen und Kontakt zum Kunden aufzubauen. «Das ist ein Kampf der Welten», sagt Bratzel. Wer den Markt erst einmal besetzt und die Konkurrenz verdrängt hat, fängt an, Geld zu verdienen. Am Ende dürften sich nur wenige Akteure durchsetzen.

 

Wäre eine Fusion von car2go und DriveNow sinnvoll?

 

Ja, sagt Gunnar Nehrke vom Bundesverband Carsharing. Nach Informationen der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» sollen die Marken erhalten, aber auf einer gemeinsamen App gebündelt werden. «Für die Kunden macht das die Nutzung einfacher», erklärt Nehrke. Auch aus Sicht der Unternehmen wäre die Fusion sinnvoll, glaubt Bratzel: «Wenn man irgendwann schwarze Zahlen schreiben will, muss man den Umsatz steigern oder die Kosten senken.» Würden Flottenmanagement, IT, Buchung, Service und Verwaltung zusammengelegt, könnten beide sparen.

 

Wie sind die Expansionschancen?

 

«Deutschland ist bei Carsharing ein Leitmarkt», sagt Nehrke. DriveNow ist zudem in mehreren europäischen Städten, car2go auch in den USA und in China aktiv. Aber in den USA gibt es starke, günstige Autovermieter, in China nutzen hunderte Millionen Kunden günstige Fahrdienste wie Didi Tuxing.

 

Kann das Kartellamt eine Fusion der deutschen Marktführer erlauben?

 

Daimler und BMW sollen die Frage beim Kartellamt schon ausgelotet haben. Nehrke und Bratzel sehen keine marktbeherrschende Stellung beim Carsharing in Deutschland. Und vielleicht müssten bei der Definition des Marktes auch die Autovermietungen mit einbezogen werden – oder sogar das Autoleasing, meint ein anderer Experte: «Jede Art der Automiete, von einer Minute bis zu vier Jahren.»

 

Ist Carsharing also das entscheidende Schlachtfeld der Zukunft?

 

Eher nein. Daimler baut auch seine Fahrdienste wie Mytaxi oder Moovel aus. VW hat Fahrdienste ebenfalls auf die Agenda gesetzt – Moia zum Beispiel. Carsharing sei für eine Übergangszeit von 10 bis 15 Jahren wichtig, sagt Bratzel. Mit dem autonom fahrenden Auto verschmölzen die Welten von Carsharing, Mietauto und Taxi dann im Robo-Taxi.

dpa

App Auto Automobilindustrie Carsharing Elektroautos München münchen.tv

Das könnte Dich auch interessieren

14.02.2025 Bundesanwaltschaft übernimmt Ermittlungen zu Auto-Anschlag Die Bundesanwaltschaft hat die Ermittlungen zu dem Anschlag in München mit 37 Verletzten übernommen. Die Karlsruher Behörde erklärt das mit der besonderen Bedeutung des Falls und einem möglichen Angriff auf die freiheitliche demokratische Grundordnung.   Wegen der besonderen Bedeutung des Falls hat jetzt die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen zu dem Anschlag auf Demonstranten in München mit 18.12.2025 Zahngold verkaufen in München: So holen Sie das Beste aus alten Kronen und Brücken heraus Viele Menschen haben zu Hause noch kleine Döschen mit alten Kronen, Brücken oder Inlays liegen – entweder vom letzten Zahnarztbesuch oder von den Eltern und Großeltern. Was häufig nicht beachtet wird: dass darin ein beachtlicher Wert stecken kann. Zahngold besteht in der Regel aus hochwertigen Edelmetall-Legierungen und kann – richtig verkauft – einen unerwarteten Geldbetrag 13.08.2025 Münchener Klischees widerlegt: Diese 3 Dinge stimmen einfach nicht! Klischee #1: München ist teuer Unbestritten führt München die Liste der teuren Städte in Deutschland an, vor allem wenn es um Wohnungen in der Altstadt, im Lehel oder in Schwabing geht. Quadratmeterpreise von 20 oder 30 Euro sind dort keine Ausnahme, sondern bittere Realität. Doch wer glaubt, das gesamte Stadtgebiet schwimme in einem Ozean aus 06.08.2025 Die Münchner Altstadt – was gibt es zu sehen? Marienplatz in München Der zentrale Stadtplatz wurde in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts unter der Herrschaft des bayerischen Herzogs Heinrich des Löwen angelegt. Seinen Namen verdankt der historische Platz der Heiligen Jungfrau Maria – er wurde ihr jedoch erst 1807 verliehen, in der Hoffnung, dass die Schutzpatronin München vor einer Cholera-Epidemie bewahren würde. Seit