Mi, 05.08.2015 , 14:32 Uhr

Lernwerkstatt – Flüchtlinge schrauben für die Zukunft

In der Lernwerkstatt in der Bayerkaserne helfen verschiedene Mitarbeiter Jung und Alt. Seit Ende Juli können hier Teilnehmer der zweiwöchigen Ausbildungskurse vier Stationen aus dem Handwerk kennenlernen.

 

München – In einem Blaumann beugt sich der junge Mosa in der Münchner Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge über einen Arbeitstisch. Mit beiden Händen friemelt der 17-Jährige aus Syrien an einem Gebilde aus Drähten, Kabeln und Schläuchen – einem Schaltkreis für einen Lichtschalter. Geschickt verbindet er die einzelnen Teile und nickt dabei zufrieden. Mosa ist einer von Tausenden Flüchtlingen, die in der Bayernkaserne untergekommen sind. Seine Erfahrung als Handwerker: zweieinhalb Tage.

 

Der 17-Jährige ist einer von zehn minderjährigen Flüchtlingen, die an der Lernwerkstatt in der ehemaligen Kaserne teilnehmen. Seit Ende Juli können die Teilnehmer der zweiwöchigen Ausbildungskurse vier Stationen aus dem Handwerk kennenlernen: Sanitär, Elektrotechnik, Maler und Trockenbau.

 

Dafür, dass Mosa und seine „Kollegen“ etwas lernen, sorgt unter anderem Karl Schneider. Seinen Blaumann ziert ein weißes Schild, auf dem schlicht „Karl“ steht. An seiner Station dreht sich alles um Elektrotechnik. Seine Schüler lernen hier, wie man mit Werkzeug umgeht und wie man eine Lampe zum Leuchten bringt. Aber auch, was Disziplin heißt: „Es geht hier auch darum, dass wir um neun Uhr anfangen, um eins Mittag machen und um zwei weiterarbeiten“, erläutert Schneider.
Obwohl viele seiner Kurzzeit-Lehrlinge weder Deutsch noch Englisch verstehen, funktioniere die Kommunikation wunderbar, berichtet Schneider. Das findet seine Bewunderung: „Es gehört viel Mut dazu, dann hierhin zu kommen.“

 

Schneider hat vor seinem Ruhestand 45 Jahre lang als Elektrotechniker gearbeitet. „Ich wollte unbedingt noch etwas mit Flüchtlingen machen. Das hier ist genau richtig, ein tolles Erfolgserlebnis“, schildert er seine Motivation für das Ehrenamt. Ihn fasziniere vor allem, mit welchem Engagement die jungen Flüchtlinge an die Arbeit gingen. Sein bisheriger Eindruck sei durchweg positiv, betont er.

 

 

Auch Mosa hat Spaß an der Arbeit. Er wolle lernen, wie man ein Fahrrad repariert, erzählt er mit Hilfe eines übersetzenden Mitbewohners. An der Station Elektrotechnik steht den beiden auch so etwas wie ein Vorbild zur Seite: René Djabar Traoré ist in Deutschland geboren, sein Vater stammt aus Togo, die Mutter aus den Vereinigten Staaten. Der 21-jährige hat selbst gerade erst seine Lehre abgeschlossen und wurde von der Innung gefragt, ob er bei der Lernwerkstatt mitmachen wolle.

 

Dort ist er nicht nur für die inhaltliche Ausbildung zuständig, sondern steht den nur wenige Jahre jüngeren Flüchtlingen auch zu anderen Themen als Ansprechpartner zur Verfügung. So wollten diese oft wissen, wie man in Deutschland eine Arbeit finden könne, erzählt Traoré. Seine Antwort: „Wenn man Deutsch kann und es wirklich möchte, kann man hier alles schaffen.“

 

Traoré selbst will ab dem kommenden Schuljahr sein Abitur nachholen – und dennoch in den Ferien weiter mit den Flüchtlingen arbeiten. Schließlich ermöglicht die Lernwerkstatt den jungen Menschen, ihre Wartezeit in der Bayernkaserne sinnvoll zu nutzen; immerhin dauert es drei bis sechs Monate, bis die Asylbewerber erfahren, wie es mit ihnen weitergeht.

 

Wer an den Kursen teilnimmt, soll aber nicht nur in einen Beruf hereinschnuppern, sondern tatsächlich etwas lernen. Und im Anschluss auch umsetzen: «Die Teilnehmer nutzen die erlangten Kenntnisse etwa, um in ihren Häusern Reparaturen vorzunehmen», berichtet Harriet Austen vom Verein „Lichterkette“, der die Lernwerkstatt unterstützt. Langfristig aber soll das Projekt vor allem die Chancen der jungen Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt verbessern

 

 

(dpa/lby)

Asylbewerber Ausbildung Bayern Flüchtlinge Hilfe Kaserne Lernwerkstatt Mosa
Zur Übersicht

Das könnte Dich auch interessieren

01.04.2024 Liebe auf den ersten Blick – das wünschen sich Simba und die Meerschweinchen Die folgenden Kandidaten stehen nur stellvertretend für so viele Tiere, die in den Tierschutzvereinen in und um München auf ihre Lebenspartner warten. Wenn Sie sich tierischen Familienzuwachs wünschen, dann schauen Sie mal im Tierheim München vorbei.   Simba Jagdhund, Mix 7 Jahre alt sehr sensibel und bei seiner Bezugsperson verschmust braucht klare Regeln sehr bemüht 19.02.2024 Tierisch München: Pflegetiere der Tierhilfe Fünfseenland suchen ihr langfristiges Glück Die Tierrettung Fünfseenland e.V. möchte dazu beitragen, dass Menschen und Tiere gemeinsam alt werden und glücklich sind. Genau deshalb haben wir den Verein und seine Schützlinge besucht. Vielleicht verlieben Sie sich ja in eine der Fellnasen.   BERRY UND RUSTY Europäisch Kurzhaar 2017 und 2018 geboren Geschwister, die im Doppelpack vermittelt werden verstehen sich gut 11.12.2023 Tierisch München: Angorakaninchen suchen neue Halter mit Erfahrung und Katzenduo Bärli und Cliff wünschen sich eine liebevolle Familie mit streichelnden Händen Die Tierfreunde Brucker Land sind ein kleiner Tierschutzverein in Maisach im Landkreis Fürstenfeldbruck. In einem provisorischen Unterkunft pflegen sie ihre Tiere seit Jahren. Immer wieder brauchen Kleintiere ihre Hilfe, egal ob Streuner, Unfalltiere, Tauben oder beschlagnahmte Tiere – viele von Ihnen finden dort übergangsweise ein Zuhause. Die Tierschützerinnen und Tierschützer setzen sich für eine Kastrationspflicht 04.09.2023 Tierisch München: Wuselige Meerschweinchen-Gruppe und charakterstarker Zottelbär Tag der offenen Tür am 23. September: Der Gnadenhof in Kirchasch, betrieben vom Tierschutzverein München e.V., gibt Tieren Schutz, Geborgenheit und ein Zuhause, die sonst keines finden. Seit über 30 Jahren bietet das Gelände viel Platz für die meist ältere, kranke oder verhaltensauffällige Tiere. Ob Bauernhoftiere (z. B. Schafe, Schweine, Ziegen, Hühner) oder Haustiere wie