Mi., 09.07.2014 , 09:39 Uhr

München/Belo Horizonte: History in the making

Die Fußball-Welt ist entzückt und staunt über das deutsche 7:1 gegen den gedemütigten Gastgeber. Jogis Jungs können nun entspannt auf den Finalgegner warten. Für Arjen Robben und Co. ist es wie auch für die Generation um Lionel Messi der dritte Anlauf zum Titel.

 

History in the making

Nach der historischen 7:1-Gala im WM-Halbfinale gegen Gastgeber Brasilien kann sich das DFB-Team das Duell der möglichen Finalgegner gemütlich im TV ansehen. Während Argentinien und die Niederlande am Mittwochabend (22.00 Uhr MESZ) in São Paulo aufeinandertreffen, kann sich das Team von Bundestrainer Joachim Löw im Campo Bahia bereits ganz der Regeneration widmen. Gastgeber Brasilien hingegen muss seine höchste WM-Niederlage bis zum „kleinen Finale“ am Samstag in der Hauptstadt Brasilia irgendwie aus den Köpfen kriegen.

Das 1:7 könnte sich nach dem Maracanaço von 1950, der WM-Finalniederlage Brasiliens gegen Uruguay, zu einem weiteren nationalen Trauma entwickeln. Auch Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff zeigte sich geschockt. „Wie alle Brasilianer bin ich sehr, sehr traurig über die Niederlage. Es tut mir immens leid für uns alle, für die Fans und unsere Spieler“, twitterte sie nach dem Spiel in Belo Horizonte. „Aber wir lassen uns nicht brechen. Brasilien, schüttel‘ den Staub ab und steh wieder auf“, ermutigte sie ihre Landsleute. Am Sonntag wird Roussef nach dem Finale in Rio de Janeiro den Pokal an dem WM-Sieger übergeben.

 

Der vierte Stern zum Greifen nah

Nach der spektakulärsten Darbietung in der deutschen WM-Geschichte trennt Löw und seine noch ungekrönten Helden nur noch ein Schritt vom vierten Titelgewinn. Auf den Tag genau 24 Jahre nach dem letzten WM-Triumph in Italien versetzte die gereifte Generation um den nun alleinigen WM-Rekordschützen Miroslav Klose (16 Tore) mit einem sensationellen 7:1 (5:0) im Halbfinale ganz Brasilien in einen Schockzustand. Im Endspiel am Sonntag im mystischen Maracanã in Rio gegen den Erzrivalen Holland oder Argentinien, das Deutschland 1990 in Rom mit 1:0 besiegen konnte, geht es aber wieder bei Null los.

„Sensationell, märchenhaft, das ist alles zu schwach. Das war heute etwas Historisches. Jetzt wollen wir natürlich auch noch den letzten Schritt machen“, befand der euphorisierte Verbandspräsident Niersbach:. „Ich kann mich nicht an so ein Halbfinale erinnern. Aber es ist noch nichts erreicht. Wir können uns nichts dafür kaufen, egal ob 7:1 oder 2:1. In ein Finalspiel geht man wieder mit 50:50 rein“, betonte DFB-Teammanager Oliver Bierhoff.

Auch Löw bemühte sich nach dem zweithöchsten deutschen WM-Sieg und dem bisher klarsten Erfolg in einem WM-Halbfinale überhaupt um Bodenhaftung. „Ein bisschen Demut tut jetzt auch gut. Wir wollen nicht überbewertet sein“, meinte der Bundestrainer. Sein Vorgänger Jürgen Klinsmann twitterte „so stolz auf sie“ und Franz Beckenbauer, der als Teamchef Deutschland vor 24 Jahren zum WM-Triumph führte, fragte stellvertretend für die Fußball-Welt: „Was war das? Kaum zu glauben.“

 

Oranje oder Hellblau-Weiß

Der fulminante Halbfinalsieg erstaunte auch den möglichen Endspielgegner Argentinien. „7:1 ist ein enormes Ergebnis zwischen zwei Mächten im Weltfußball, das passiert selten, das ist kein normales Ergebnis“, sagte Albiceleste-Coach Alejandro Sabella.

Arjen Robben gegen Lionel Messi – im Duell der Superstars droht einer herausragenden Fußballer-Generation der WM-Abgang ohne Krönung. Argentinien um Alleinunterhalter Messi und die Niederlande mit ihrem spektakulären Angriffstrio stehen im Zenit des Könnens, jetzt soll endlich der Titel her. Doch eine Großmacht wird beim historisch brisanten Halbfinale von São Paulo auch beim Weltturnier in Brasilien scheitern. „Argentinien bleibt Argentinien, aber wir sind Niederlandes Elftal“, betonte Wesley Sneijder die eigene Stärke und will nicht an die 1:3-Endspiel- Pleite gegen die Albiceleste von 1978 erinnert werden: „Die Geschichte ist schön und gut, aber wir müssen sie jetzt vergessen.“

In der spektakulären Oranje-Offensive mit den 30-jährigen Arjen Robben und Sneijder ist der Einsatz von Robin van Persie allerdings nicht garantiert. Der Topstürmer leide an Magenproblemen, berichtete Louis van Gaal am Dienstag. Wie die drei herausragenden niederländischen Spieler unternimmt auch die Mannschaft um Messi am Zuckerhut bereits den dritten gemeinsamen Anlauf zum Premierencoup.

1990 stand der zweimalige Titelträger Argentinien zuletzt unter den Top Vier der Welt und unterlag Deutschland im Finale. Erst vier Jahre ist es her, dass Robben & Co. Hollands dritte große Chance auf den Triumph nach 1974 und 1978 vergaben und bei der WM in Südafrika im Endspiel gegen Spanien verloren.

Innenverteidiger Ron Vlaar droht der Ausfall mit Knieproblemen, die Mittelfeldspieler Leroy Fer und de Jong sind ebenfalls angeschlagen. Argentiniens Coach Sabella muss auf seinen Achtelfinal-Torschützen Ángel di Maria verzichten. Für ihn soll Enzo Perez spielen.

dpa / adc

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