Fr, 05.09.2014 , 16:08 Uhr

Rotes Kreuz attackiert Regierung - Seehofer weist Vorwürfe zurück

Das Rote Kreuz bezeichnet die Lage in den bayerischen Flüchtlingsunterkünften als «humanitäre Katastrophe» – eine Wortwahl, die man sonst aus weltweiten Krisengebieten kennt. Die Staatsregierung habe völlig versagt. Horst Seehofer verteidigt sich.

München (dpa/lby) – Deutlicher geht es nicht: Angesichts der immer dramatischeren Zustände in den Flüchtlingsunterkünften hat das Bayerische Rote Kreuz (BRK) der Staatsregierung völliges Versagen vorgeworfen. Landesgeschäftsführer Leonhard Stärk sprach am Freitag von einer «humanitären Katastrophe». Die Behörden seien völlig unzureichend auf den Flüchtlingsansturm vorbereitet, klagte er. «Das Krisenmanagement der Staatsregierung hat komplett versagt.» Dabei seien die Probleme angesichts der anhaltenden Krisen in Syrien, in der Ukraine, im Irak und in Afghanistan absehbar gewesen. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) wies die Vorwürfe zurück und verteidigte das Agieren der Staatsregierung, aber auch sein eigenes spätes Eingreifen.

 

Seehofer betonte: «Wir haben es mit einem Flüchtlingszustrom zu tun, den niemand in der Bundesrepublik Deutschland in dieser Dimension prognostiziert hat.» Die Dimensionen würden beinahe monatlich korrigiert, und zwar deutlich nach oben. «Wir haben es hier mit erstmaligen und wahrscheinlich langfristigen weltpolitischen Entwicklungen zu tun.» Die zuständigen Minister seien pausenlos im Einsatz, nächste Woche werde sich das Kabinett damit befassen.

 

Seehofer verteidigt Dauer bis zur Fertigstellung

Zugleich wies Seehofer Vorwürfe zurück, er selbst habe sich viel zu spät um die dramatische Situation gekümmert. Wenn er zu früh aktiv werde, werfe man ihm vor, dass er seine Leute schurigle. Und wenn er zunächst einmal das Ressortprinzip achte, dann werfe man ihm vor, verspätet zu handeln. Er führe aber derzeit viele Gespräche, zuletzt unter anderem mit Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD).

 

Seehofer verteidigte die relative lange Zeit bis zur Fertigstellung zusätzlicher Erstaufnahmeeinrichtungen: Manchmal gehe es eben nicht schneller, wenn man die Gebäude entsprechend herrichten müsse. Mit Blick auf Wortmeldungen auch von CSU-Politikern, Regierungspräsidenten und anderen, die die Lage in den Erstaufnahmeeinrichtungen in München und Zirndorf beklagen, sagte Seehofer: «Ich kann auch irgendwo hingehen und sagen, ich bin betroffen – ich muss Lösungen haben und nicht Betroffenheit.»

 

München und Zirndorf hoffnungslos überfüllt

 

Das BRK forderte ein Sofortprogramm zur angemessenen Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge und eine Verdoppelung der Asylsozialberatung. Die Hilfsorganisation richtete selbst einen Krisenstab ein, um besser helfen zu können.

 

Situation wohl unterschätzt worden

 
Die beiden Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge in München und Zirndorf sind hoffnungslos überfüllt. Die Menschen stünden oft stundenlang um Essen an und hätten keine passende Kleidung, sagte Stärk. Auch die Diakonie hatte die Lage in den beiden Unterkünften in den vergangenen Tagen wiederholt als dramatisch bezeichnet.

 

Das Sozialministerium hatte zuletzt erklärt, die Situation sei so nicht zu erwarten gewesen. Anfang des Jahres habe das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge noch mit 21 000 Asylbewerber in Bayern gerechnet, inzwischen gehe man von etwa 33 000 Asylbewerbern aus.

 

Reiter berichtete nach seinem Gespräch mit Seehofer, dieser habe «schnelle und unbürokratische Bereitstellung erforderlicher finanzieller Mittel für den weiteren Ausbau und die angemessene Betreuung der Menschen zugesagt». «Wir waren uns einig, dass es darum gehen muss, Konzepte für kurzfristige, aber auch mittel- und langfristige Lösungen zu entwickeln.» Seehofer kündigte an, er selbst werde Reiter in Kürze noch einmal zu einem Gespräch treffen.

 

dpa/make

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