Fr, 11.03.2016 , 09:16 Uhr

Seehofer und Sobotka demonstrieren Einigkeit

Bis 2010 herrschte auf höchster politischer Ebene Eiszeit zwischen München und Prag. Inzwischen sind Treffen der Regierungschefs Normalität. Bei einem Treffen Seehofer-Sobotka in München üben sich beide regelrecht in Harmonie – auch in der Flüchtlingspolitik.

 

Inmitten der Flüchtlingskrise und vor dem wohl entscheidenden EU-Gipfel in der kommenden Woche demonstrieren Bayern und Tschechien Einigkeit: Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und der tschechische Regierungschef Bohuslav Sobotka forderten am Donnerstag nach einem Gespräch in München eine Lösung des Problems an der EU-Außengrenze. „Wir vertreten gemeinsam die Auffassung, dass die höchste Priorität eine europäische Lösung hat“, sagte Seehofer. Das schließe eine Abmachung mit der Türkei, den wirksamen Schutz der EU-Außengrenzen und eine Begrenzung des Flüchtlingsstroms ein. „Ich hoffe, es wird nicht wieder ein Gipfel der Vertagung“, sagte Seehofer mit Blick auf den vergangenen EU-Türkei-Gipfel Anfang dieser Woche.

 

Sobotka räumte ein, dass das Problem mit dem Schließen der Balkan-Route nicht gelöst sei. Es müsse eine Lösung an der griechisch-türkischen Grenze gefunden werden. Er hoffe, dass es damit gelingen werde, den Flüchtlingsstrom zu stoppen. Dazu brauche es aber eine „gemeinsame, koordinierte Vorgehensweise“ der EU. Auf mehrfache Nachfragen nach der fehlenden tschechischen Bereitschaft zur Aufnahme von Flüchtlingen gingen weder Sobotka noch Seehofer konkret ein.

 

Abseits der Flüchtlingspolitik bekräftigten die beiden Politiker das dringende Anliegen, die Straßen- und Schienenverbindungen zwischen Bayern und Tschechien möglichst rasch zu verbessern – wobei Seehofer einräumen musste, dass der Freistaat hier hinterherhinkt. „Aus bayerischer Sicht ist unbefriedigend, dass Tschechien hier schon weiter ist“, sagte Seehofer scherzhaft. Er verwies aber auf die bevorstehende Neuauflage des Bundesverkehrswegeplans. Und mit Blick auf die mangelhaften Zugverbindungen sagte er: „Wir brauchen dringend eine Ost-West-Verbindung auf der Schiene, die zeitgemäß ist.“

 

Nach ihrem Gespräch im Münchner Prinz-Carl-Palais besuchten Seehofer und Sobotka die Weiße-Rose-Stiftung und das NS-Dokumentationszentrum. Anschließend besichtigten sie gemeinsam den Raum, in dem 1938 das Münchner Abkommen unterzeichnet wurde. In dem Abkommen hatten Frankreich und Großbritannien nach Kriegsdrohungen Adolf Hitlers der Aufteilung der Tschechoslowakei und dem Anschluss des Sudetenlands an das Deutsche Reich zugestimmt – ohne die Prager Regierung zu fragen.

 

Der Ort sei sehr tragisch und sehr bitter mit der Geschichte seines Landes verbunden, sagte Sobotka laut Übersetzung. „Damals wurde in der Mitte Europas ein demokratischer und humanistischer Staat geopfert mit dem Gedanken, dass dadurch die Freiheit in Europa und der Frieden aufrechterhalten werden können.“ Er betonte eindringlich, welchen Stellenwert Frieden und Freiheit in Europa heute hätten. Das sei bei allem, was man an der EU zu kritisieren habe, auch deren Verdienst. „Wenn es uns gelingen wird, das gemeinsame Europa aufrechtzuerhalten, dann wird das nie wieder passieren, was 1938 passiert ist“, sagte er.

 

Ursprünglich wollte Sobotka schon im vergangenen Sommer nach München kommen. Dieser Besuch wurde aber kurzfristig abgesagt, weil Seehofer zu Beratungen über die Griechenland-Krise ins Kanzleramt nach Berlin musste. Zum Abschluss seines jetzigen Besuchs in München wird Sobotka an diesem Freitag unter anderem im Bayerischen Landtag empfangen.

 

Das bayerisch-tschechische Verhältnis war wegen des Streits um die Vertreibung der Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg über Jahrzehnte angespannt. Seehofer hatte das Eis 2010 mit seiner ersten Reise nach Prag gebrochen. Inzwischen ist Normalität eingekehrt.

 

Seehofer sagte, die Beziehungen hätten sich „zu einer echten Freundschaft entwickelt“. Diese seien „ganz natürlich geworden“. Auch Sobotka lobte ausdrücklich die nunmehr sehr intensiven Beziehungen.

 

rg / dpa

Bayern Beziehung Deutschland Horst Seehofer sobotka Tschechien
Zur Übersicht

Das könnte Dich auch interessieren

16.05.2023 Warnstreik am Mittwoch 17.05.2023 im Einzelhandel Im bayerischen Handel hat die Gewerkschaft Verdi für Mittwoch zu Warnstreiks aufgerufen. Insgesamt geht es um mehr als 170 Betriebe aus Einzelhandel, Versandhandel und Großhandel, die sich über den ganzen Freistaat verteilen, erklärte die Gewerkschaft. Sie will mit der Aktion in der laufenden Tarifrunde Druck machen. Angesichts der jüngsten Angebote der Arbeitgeber müsse jeder Euro 01.04.2024 Liebe auf den ersten Blick – das wünschen sich Simba und die Meerschweinchen Die folgenden Kandidaten stehen nur stellvertretend für so viele Tiere, die in den Tierschutzvereinen in und um München auf ihre Lebenspartner warten. Wenn Sie sich tierischen Familienzuwachs wünschen, dann schauen Sie mal im Tierheim München vorbei.   Simba Jagdhund, Mix 7 Jahre alt sehr sensibel und bei seiner Bezugsperson verschmust braucht klare Regeln sehr bemüht 19.02.2024 Tierisch München: Pflegetiere der Tierhilfe Fünfseenland suchen ihr langfristiges Glück Die Tierrettung Fünfseenland e.V. möchte dazu beitragen, dass Menschen und Tiere gemeinsam alt werden und glücklich sind. Genau deshalb haben wir den Verein und seine Schützlinge besucht. Vielleicht verlieben Sie sich ja in eine der Fellnasen.   BERRY UND RUSTY Europäisch Kurzhaar 2017 und 2018 geboren Geschwister, die im Doppelpack vermittelt werden verstehen sich gut 11.12.2023 Tierisch München: Angorakaninchen suchen neue Halter mit Erfahrung und Katzenduo Bärli und Cliff wünschen sich eine liebevolle Familie mit streichelnden Händen Die Tierfreunde Brucker Land sind ein kleiner Tierschutzverein in Maisach im Landkreis Fürstenfeldbruck. In einem provisorischen Unterkunft pflegen sie ihre Tiere seit Jahren. Immer wieder brauchen Kleintiere ihre Hilfe, egal ob Streuner, Unfalltiere, Tauben oder beschlagnahmte Tiere – viele von Ihnen finden dort übergangsweise ein Zuhause. Die Tierschützerinnen und Tierschützer setzen sich für eine Kastrationspflicht