Spitzen-Fußballer und Top-Politiker – diese Kombination wird häufig gesehen. Während die EU über die Lösung der Flüchtlingskrise streitet, steht nun mit der EM ein großes Turnier ins Haus. Folgen für die Politik wird es aber nicht haben, glaubt ein Sport-Forscher.
Die Fußball-EM in diesem Sommer in Frankreich wird nach Ansicht des Sport- und Kulturwissenschaftlers Sven Güldenpfennig keine positiven Auswirkungen auf die Krise der EU haben. „Für Europa kommt da gar nichts rüber“, sagte Güldenpfennig im Vorfeld einer Tagung zur politischen Dimension des Fußball im schwäbischen Kloster Irsee der Deutschen Presse-Agentur. Politiker, die die Nähe zu Spitzensportlern suchen, hält er für „unbelehrbar“.
Das Fußballturnier könnte nur dann positive Auswirkungen haben, wenn es als „gesamteuropäisches Ereignis wahrgenommen würde, in dem Europa sich darstellt mit seinen Top-Sportlern in einer bestimmten Sportart“. Die Realität sehe aber anders aus: „Scheiden wir in der Vorrunde aus, ist die Europameisterschaft gestorben“, kritisierte Güldenpfennig die Einstellung zum Fußball. „Der Sport ist da der permanente Verlierer, bei dieser Art der Wahrnehmung.“
Bei der von der DFB-Kulturstiftung unterstützten internationalen Konferenz geht es von Freitag an bis Sonntag um Fußball als Instrument der Nationenbildung. Wissenschaftler stellen ihre Erkenntnisse über Patriotismus in der Berichterstattung vor oder über die Bedeutung der italienischen Nationalmannschaft im post-faschistischen Italien von 1945 bis 1950.
Güldenpfennig hält bei der Tagung ein zentrales Referat. Der frühere Wissenschaftliche Leiter des Deutschen Olympischen Instituts in Berlin und Ex-Professor für olympische Fragen an der Uni Hamburg hält aber nichts davon, den Sport als politisches Instrument zu betrachten. „Die Macht des Fußballs schätze ich nicht so hoch ein, wie es üblicherweise der Fall ist“, sagt er. Die Erwartungshaltung sei nur deswegen groß, weil die Wahrnehmung des Fußballs groß sei.
Für Güldenpfennig ist der Versuch, Politik mit und durch den Sport zu betreiben, „stets zum Scheitern verurteilt“. Auch die Besuche von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei der Nationalelf beispielsweise während der WM in Brasilien sieht er kritisch. Wenn danach die Zustimmungswerte für die Kanzlerin stiegen, seien das nur „Kurzzeiteffekte“. Letztlich nütze es ihr nichts. Dies zeige die derzeit sinkende Zustimmung in der Bevölkerung zur Politik Merkels.
rg / dpa