Der NSU-Prozess jährt sich am Dienstag zum ersten Mal. Der Mammutprozess gibt viele Rätsel auf. Vor allem auch, da die Hauptangeklagte Beate Zschäpe die Aussage verweigert und den ganzen Prozess über kein Wort gesagt hat.
Insgesamt gab es bereits 109 Verhandlungstage. Am 6. Mai 2013 hatte der Prozess vor dem Münchner Oberlandesgericht begonnen. 246 Zeugen und Sachverständige wurden bereits befragt. Ein Ende ist nicht absehbar.Beate Zschäpe wird von der Bundesanwaltschaft vorgeworfen, Mittäterin an den Morden des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ zu sein. Sie soll für die Tarnung gesorgt haben. Ihre Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt sollen
zwischen 2000 und 2007 neun Geschäftsleute ausländischer Herkunft und eine deutsche Polizistin erschossen haben.
Fest steht: Im Brandschutt der letzten gemeinsamen Wohnung in Zwickau lagen zwölf Waffen und Munition – darunter jene „Ceska“, mit der neun der zehn Menschen ermordet wurden. Böhnhardt und Mundlos sind tot – sie brachten sich im November 2011 selbst um, um der Festnahme zu entgehen. Nun muss sich Zschäpe als einzige Überlebende für sämtliche NSU-Taten verantworten – mit vier Mitangeklagten: dem Ex-NPD-Funktionär Ralf Wohlleben, André E., Holger G. und Carsten S., denen Beihilfe zum Mord oder die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen wird.
An jedem Verhandlungstag, Stunde um Stunde, Zeuge um Zeuge, setzt das Gericht weitere Puzzleteile zusammen. Eines der zentralen Argumente der Anklage lautet: Zschäpe soll nicht nur die Urlaubskasse, sie soll das gesamte Geld des Trios, die Beute aus vielen Banküberfällen, verwaltet haben. Sie sei also gleichberechtigtes Mitglied gewesen.
In einem Fall ist die Täterschaft Zschäpes ziemlich unbestritten: Sie hat, daran gibt es keine ernsthaften Zweifel, im November 2011 die letzte gemeinsame Wohnung in der Zwickauer Frühlingsstraße in Brand gesteckt. Aber hat Zschäpe noch an der Wohnungstür der alten Nachbarin geklingelt? Oder nahm sie bewusst und billigend deren Tod in Kauf – und den zweier Handwerker, die im Haus beschäftigt und nur zufällig zum Zeitpunkt der Explosion nicht anwesend waren? Die Anklage wirft ihr jedenfalls versuchten dreifachen Mord vor.
Die zehn Morde, der Brand in Zwickau, und auch das frühere Umfeld der Angeklagten: All dies ist im Prozess bereits einigermaßen gründlich beleuchtet worden. Als nächstes soll es nun erst einmal um die zwei Bombenanschläge in Köln gehen und um die Banküberfälle. Zschäpe schweigt derweil weiter – und wird dies wohl auch künftig tun. Trotz des Appells der Mutter des toten Halit Yozgat: „Ich bitte Sie um Aufklärung“, sagte Ayze Yozgat im Oktober, direkt an Zschäpe gewandt. „Denken Sie bitte immer an mich, wenn Sie sich ins Bett legen. Denken Sie daran, dass ich nicht schlafen kann.“rr/dpa