Di, 29.03.2016 , 09:44 Uhr

Kommunen streiten über Versicherungsschutz für Flüchtlinge

Wenn ein Flüchtling einen Unfall verursacht, kann es teuer werden – für den Geschädigten. Denn die wenigsten Asylbewerber im Land sind versichert und haben üblicherweise auch kein Vermögen. Die Kommunen diskutieren daher darüber, ob sie Flüchtlinge versichern oder nicht.

 

Bei Torsten Brureiner aus dem schwäbischen Dinkelscherben krachte es morgens um sieben Uhr. Da fuhr ein Asylbewerber mit dem Fahrrad frontal in das Heck seines geparkten Autos. Für den Radler ging es zwar glimpflich aus, doch der entstandene Sachschaden addierte sich auf fast 4000 Euro. Eigentlich ein klarer Fall für die Haftpflichtversicherung des Zweiradfahrers. Doch der Flüchtling ist nicht versichert und müsste den Schaden aus eigener Tasche zahlen, das Geld dafür hat er nicht.

 

Angesichts der großen Zahl an Flüchtlingen in Deutschland stellt sich immer häufiger die Frage, wer für solche typischen Haftpflichtschäden aufkommt. Bei den Kommunen gibt es unterschiedliche Linien dazu. Manche versichern ihre neuen Mitbürger, andere nicht.

 

Mehrfach sind in den vergangenen Monaten in Deutschland Autofahrer auf ihren Kosten sitzen geblieben, nachdem Flüchtlinge Blechschäden verursacht haben. Auch Fahrzeugbesitzer Brureiner wird die Reparaturrechnung wohl selbst zahlen müssen, er ärgert sich: „Der Bürger trägt die Asylpolitik mit und wird am Ende im Regen stehen gelassen.“ Brureiner hat sich wegen seines Schadens an das Rathaus gewandt, doch bislang gibt es in Dinkelscherben (Landkreis Augsburg) keine Lösung.

 

Eine Sammel-Haftpflichtversicherung für Flüchtlinge werde bislang nur diskutiert, erklärt Bürgermeister Edgar Kalb, der selbst aber davon nichts hält. Vor allem, weil die Flüchtlinge in den Landkreisen nicht gleichmäßig verteilt würden. Eine Sammelversicherung sei für finanzschwache Kommunen ein Problem: „Die wären nicht in der Lage, mehrere Hundert Asylbewerber zu versichern“, meint Kalb. Der Rathauschef hofft auf eine Regelung aus Berlin und sagt: „Eine Versicherung für Flüchtlinge ist Aufgabe des Gesetzgebers und nicht der Kommune.“

 

Der Landkreis Miesbach in Oberbayern hat hingegen das Problem selbst in die Hand genommen und als eine der ersten Kommunen rund 770 Flüchtlinge versichert. „Zur Wahrung des sozialen Friedens“, erklärt Pressesprecher Birger Nemitz. Die dortigen Gemeinden Fischbachau und Waakirchen hatten schon vorher eigene Verträge abgeschlossen. Bisher seien die Versicherungen aber nur selten in Anspruch genommen worden, sagt Nemitz.

 

Bei den Sammelversicherungen handelt es sich um spezielle Pakete für Gemeinden. Der Allianz-Konzern hat Ende 2015 ein entsprechendes Angebot auf den Markt gebracht. Zwischen drei und fünf Euro kostet dort der monatliche Schutz pro Flüchtling. Auch der Versicherer GVV-Kommunal bietet ein ähnliches Angebot.

 

Doch noch gehört der Kreis Miesbach zu den Ausnahmen, denn nicht jede Kommune ist von der Sammelversicherung überzeugt. Das Landratsamt Augsburg ist als Aufsichtsbehörde der Städte und Gemeinden kritisch. Die Absicherung privater Risiken sei keine Aufgabe einer Kommune. „Außerdem könnte dann jeder einkommensschwache Bürger darauf pochen, dass auch seine Privathaftpflicht von der Gemeinde übernommen wird“, meint eine Behördensprecherin. Hintergrund ist, dass laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft rund 15 Prozent der Haushalte nicht versichert sind.

 

Eine deutschlandweite Haftpflichtversicherung steht jedenfalls nicht zur Debatte. Da es sich um keine Pflichtversicherung handelt, gehöre das Risiko, von einer nicht versicherten Person geschädigt zu werden, zum „allgemeinen Lebensrisiko“, erklärt ein Sprecher des Bundesjustizministeriums. Eine Erhöhung der Sozialleistung für die Flüchtlinge zur Zahlung von Versicherungsbeiträgen sei ebenfalls nicht geplant, ergänzt ein Sprecher des Bundessozialministeriums.

 

Der Freistaat Bayern lehnt es nach Angaben des Bayerischen Gemeindetags ebenfalls ab, für alle Asylbewerber eine Landesrahmenversicherung abzuschließen. Der Kommunalverband selbst gibt auch keine eigene Vorgabe an seine Mitglieder. Entscheidet sich eine Gemeinde aber für eine Versicherung, müsse sie für die Kosten selbst aufkommen, erklärt eine Gemeindetagssprecherin.

 

rg / dpa

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