München – Angesichts der chaotischen Zustände bei der Unterbringung von Flüchtlingen in München wollen der Freistaat und die Stadt mit Krisenstäben nach Lösungen suchen. Sozialministerin Emilia Müller (CSU) kündigte am Montag eine «Task Force Asyl» sowie einen Krisenkoordinierungsstab für die völlig überfüllte Erstaufnahmeeinrichtung in der Landeshauptstadt an. Auch die Stadt richtete einen Krisenstab ein. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) will die Bayernkaserne vorübergehend schließen: Bevor dort neue Flüchtlinge aufgenommen werden könnten, müssten erst wieder «menschenwürdige Zustände» herrschen.
Gleichzeitig warf der SPD-Politiker der Staatsregierung politisches Versagen und «absolute Hilflosigkeit» vor. Sie habe es versäumt, den Zustrom der Menschen rechtzeitig zu kanalisieren und zu koordinieren. Die Regierung müsse dafür sorgen, dass in jedem der sieben Regierungsbezirke Einrichtungen für die Erstaufnahme von Flüchtlingen geschaffen werden. Bislang gebe es diese nur in München und im mittelfränkischen Zirndorf.
Ministerin Müller verwies darauf, dass weiterhin mehr als doppelt so viele Flüchtlinge in Bayern ankommen wie vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erwartet. Nach den Prognosen des Bundesamts müsste Bayern derzeit pro Woche 880 Asylbewerber aufnehmen. «Tatsächlich sind aber alleine in der letzten Woche 1910 Menschen in Bayern angekommen, um hier Asyl zu beantragen.»
«Die Unterbringung von Asylbewerbern ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Gegenseitige Schuldzuweisungen helfen hier nicht weiter», sagte Müller. Sie habe mit Reiter vereinbart, dass sich die Landeshauptstadt an dem Krisenkoordinationsstab beteiligen werde. «Wir müssen jetzt alle an einem Strang ziehen, um die Asylbewerber human unterzubringen.» Angesichts der angespannten Lage steht das Thema Asyl auch am Dienstag in der Kabinettssitzung wieder auf der Tagesordnung.
In der Münchner Erstaufnahmeeinrichtung werden die Behörden der Probleme nicht mehr Herr, vor allem weil die Unterkunft völlig überfüllt ist. Geplant wurde für 1200 Flüchtlinge, derzeit wohnen dort nach Angaben der Stadt mehr als doppelt so viele Menschen. Bei Temperaturen um 5 Grad nächtigten manche Flüchtlinge sogar im Freien. Andere sind in ein Zeltlager für Touristen ausquartiert. Weil Personal fehlt, gebe es Probleme bei der Registrierung von Neuankömmlingen, berichtete Reiter. Auch warme Kleidung und Decken fehlten.
Nach dem Willen Reiters sollen deshalb städtische Angestellte im Wege der Amtshilfe mitarbeiten. Außerdem sucht die Stadt nach Gebäuden, damit die Asylbewerber nach ihrer Registrierung dorthin umziehen können. So ist in der Bayernkaserne wieder Platz für Neuankömmlinge. Gemeinsam mit Hilfsorganisationen sollen zudem Zelte errichtet werden. Unter den momentanen Umständen könnten sich die Flüchtlinge nicht mal ordnungsgemäß registrieren und bekämen damit auch keine Hilfsgüter, kritisierte Reiter. Er hofft, dass das Verfahren bald wieder normal läuft. Dann könne die Unterkunft wieder zum Normalbetrieb übergehen und neue Asylbewerber aufnehmen.
Reiter wertete den Krisenstab des Freistaats als positiv: «Mir ist alles recht, was dazu führt, dass die Flüchtlinge in München halbwegs vernünftig untergebracht werden und der soziale Stadt in meiner Stadt sichergestellt ist.» Um den Flüchtlingen zu helfen, will die Stadt auch Geld zur Verfügung stellen – allerdings nur leihweise, da hier eigentlich der Freistaat zuständig sei: «Ich werde jeden Cent, den wir hier verauslagen in Amtshilfe mit Sicherheit dem Freistaat wieder in Rechnung stellen», sagte Reiter.
make