Di, 10.09.2013 , 12:05 Uhr

Zwangsheirat in München und Bayern

Der Fall eines achtjährigen Mädchens aus Jemen, das in seiner Hochzeitsnacht gestorben ist, schockiert die ganze Welt. Medienberichten zufolge war die Kleine war von ihrem Stiefvater an den künftigen Ehemann gegen Geld übergeben worden. Als die Ehe in der Hochzeitsnacht vollzogen wurde, starb  die minderjährige Braut an schweren inneren Verletzungen.

 

Auch in München und Bayern gibt es Zwangsheirat. Zwar sind Ehen mit Minderjährigen gesetzlich verboten, doch es gibt Hintertürchen. „Es gibt die Möglichkeit der religiösen Eheschließung“, weiß Juliane Krause, Geschäftsführerin von STOP dem Frauenhandel. „Die ist für die Brautleute ebenfalls sozial bindend“.

 

Zwangsheirat im Ausland 

 

Nicht selten werden die jungen Frauen ins Ausland gebracht, um dort verheiratet zu werden. So erging es auch Rina aus dem Libanon: Seit vielen Jahren lebte die Familie in Deutschland, aber Rina war schon als junges Mädchen einem Freund des Vaters im Libanon versprochen worden. Im Alter von 17 Jahren musste sie in das Heimatland reisen und den 36-Jährigen Verlobten heiraten. Sie lebte im Haus ihrer fremden Schwiegereltern, wurde vom eigenen Ehemann misshandelt und vergewaltigt. Erst als sie ihre Familie in Deutschland besuchte, konnte sie Kontakt zur Münchner Beratungsstelle Jadwiga aufnehmen und fliehen.

 

Die Geschichte von Rina und vielen anderen Betroffenen veröffentlicht die Beratungsstelle auf ihrer Internetseite – um zu zeigen, dass Zwangsehen auch bei uns kein Einzelfall sind. Jadwiga hilft den Frauen, sich von ihren Familien zu lösen und neue Identitäten anzunehmen – aber auch, die Situationen innerhalb der Familien zu verbessern. Denn: Nicht alle Mädchen wollen sich von ihren Familien abwenden, erklärt Geschäftsführerin Juliane von Krause. „Die Mädchen sind oft sehr eng mit der Familie verbunden, zum Beispiel mit der Mutter oder der Schwester. Der Bruch mit der Familie ist da ein sehr schwieriger Schritt, den nicht alle gehen wollen.“

 

Schutz und Beratung für Betroffene

 

Wenn es aber doch soweit kommt, werden die jungen Frauen in Behördengängen und Formalitäten unterstützt. „Denn die meisten von ihnen sind nicht sehr selbstständig, mussten noch nie allein zurechtkommen“, weiß Krause. In besonders heiklen Fällen bietet das Wohnprojekt Scheherazade schnelle und anonyme Zuflucht – in ganz Bayern wird hier zwangsverheirateten Frauen zwischen 18 und 21 Jahren Schutz geboten.

 

Um die 60 Frauen hat Jadwiga im vergangenen Jahr zum Thema Zwangsheirat beraten. „Dabei sind diejenigen, die sich bei uns melden, nur ein ganz kleiner Teil“, sagt Juliane von Krause. Die Dunkelziffer ist vermutlich um Einiges höher. Denn an viele Opfer von Zwangsheirat kommen die Beraterinnen gar nicht heran. „Es gibt zum Beispiel Fälle, in denen junge Mädchen aus dem Heimatland des Bräutigams importiert werden. Die sprechen dann überhaupt kein Deutsch und können nur schwer Kontakt aufnehmen“, beklagt Krause. Eine andere Schwierigkeit: Wenn Frauen ins Ausland gebracht werden, um dort zu heiraten – so wie bei Rina. Erst als sie auf Besuch in Deutschland war, konnte sie die Chance zur Flucht ergreifen.

 

mt

Bayern Beratung Beratungsstelle gestorben Hilfe Hochzeitsnacht Jemen Kindsbraut Libanon Minderjährige Misshandlung München Tod Vergewaltigung Zwangsehe Zwangsheirat
Zur Übersicht

Das könnte Dich auch interessieren

01.04.2024 Liebe auf den ersten Blick – das wünschen sich Simba und die Meerschweinchen Die folgenden Kandidaten stehen nur stellvertretend für so viele Tiere, die in den Tierschutzvereinen in und um München auf ihre Lebenspartner warten. Wenn Sie sich tierischen Familienzuwachs wünschen, dann schauen Sie mal im Tierheim München vorbei.   Simba Jagdhund, Mix 7 Jahre alt sehr sensibel und bei seiner Bezugsperson verschmust braucht klare Regeln sehr bemüht 10.07.2023 Tierisch München: Sommerfest und Bewohner des Starnberger Tierheims „Du bist zeitlebens für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast“ (Antoine de Saint-Exupéry). Mit diesem Grundsatz hilft das Tierheim in Starnberg seit mittlerweile 70 Jahren Hunden, Katzen und Kleintieren. 19.06.2023 Tierisch München: Exotische Schlagen und blinde Passagiere adoptieren Im Mai 2023 hat die Reptilienauffangstation in München über 200 Tiere aufgenommen. Von Schlangen, Echsen, Schildkröten bis hin zu seltenen Exoten. Der Münchner Verein nimmt Tiere auf und versorgt sie, bis sie adoptiert werden. 22.05.2023 Tierisch München: junge Kätzchen und Katzenseniorin beim Tierschutzverein Schlupfwinkel Am 22. Mai ist der internationale Tag der biologischen Vielfalt. Ziel ist es, die biologische Vielfalt zu erhalten, zu fördern, ein Bewusstsein für das Angebot zu schaffen und es nachhaltig zu nutzen. Auch hier wollen wir jede Woche die Vielfalt unserer Tierwelt zeigen. Diese Woche sind wir zu Gast beim Tierschutzverein Schlupfwinkel im Landkreis Freising