Die Staatsregierung rechnet für das gesamte Jahr 2015 nun mit rund 70 000 Flüchtlingen in Bayern – das wären mehr als doppelt so viele wie noch 2014.
Diese Zahl nannte Staatskanzleichef Marcel Huber (CSU) am Dienstag nach einer Kabinettssitzung in München. Vor vier Wochen war noch von 60 000 Asylbewerbern die Rede gewesen. Allerdings hat das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge seine Prognose inzwischen deutlich nach oben korrigiert.
Derzeit kommen nach Angaben Hubers im Schnitt etwa 500 Flüchtlinge pro Tag in Bayern an. Bei etwa einem Drittel der Menschen gehe man auch davon aus, dass diese dauerhaft im Freistaat bleiben werden.
Die Staatsregierung beschloss deshalb, die Wohnraumfördermittel in diesem Jahr um 50 auf 270 Millionen Euro aufzustocken. Ziel ist es, genügend billigen Wohnraum zur Verfügung stellen zu können – auch, aber nicht nur für Flüchtlinge, wie Huber ausdrücklich betonte.
Wirtschaft und Grüne fordern gemeinsam bessere Arbeitsmöglichkeiten für Flüchtlinge in Bayern – aus unterschiedlichen Motiven. Die Unternehmen suchen Lehrlinge und Fachkräfte, die Grünen stellen die Integration in den Vordergrund. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern forderte am Dienstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz, jungen Asylbewerbern mindestens fünf Jahre Aufenthaltsrecht zu gewähren, wenn sie eine Ausbildung anfangen und sich gesetzestreu verhalten. Damit könnte ein Flüchtling eine dreijährige Ausbildung beginnen und anschließend mindestens zwei Jahre in dem betreffenden Betrieb bleiben.
HK-Chef Peter Driessen plädierte dafür, schon beim Asylantrag die berufliche Qualifikation neu ankommender Asylbewerber abzufragen und von Beginn an Deutschunterricht zu erteilen. Die Handwerkskammer für München und Oberbayern hofft, dringend benötigte Lehrlinge zu finden. 2014 seien 4700 Ausbildungsplätze nicht besetzt worden, sagte Hauptgeschäftsführer Lothar Semper – „Tendenz steigend“.
Grünen-Landtagsfraktionschefin Margarete Bause betonte, Bildung und Arbeitsplätze seien der beste Weg zur Integration. „Es ist ein Gebot der Menschlichkeit, diesen Menschen zu helfen.“ Notwendig seien „breite gesellschaftliche Bündnisse in allen Bereichen“.
rg / dpa