Do., 28.07.2016 , 15:07 Uhr

Mehr Polizei, mehr Überwachung: Bayern verschärft Sicherheitspolitik

«Sicherheit durch Stärke» – so hat die Staatsregierung ihr neues Anti-Terror-Konzept überschrieben. Als Konsequenz aus den jüngsten Bluttaten wird die Polizei aufgerüstet. Zudem verlangt das Kabinett vom Bund eine Reihe teils einschneidender Konsequenzen.

 

Gmund – Nach den mutmaßlich islamistischen Anschlägen von Würzburg und Ansbach sowie dem Amoklauf in München hat die Staatsregierung eine Aufrüstung der Polizei und eine deutliche Verschärfung ihrer Sicherheitspolitik beschlossen. Vom Bund fordern Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und sein Kabinett unter anderem eine Ausweitung der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung.

 

Zudem strebt die CSU eine Grundgesetzänderung an, um den Einsatz der Bundeswehr im Inneren in bestimmten Situationen zu ermöglichen oder zu erleichtern. Das Konzept «Sicherheit durch Stärke» wurde am Donnerstag auf der Kabinettsklausur in St. Quirin am Tegernsee beschlossen. Die zentralen Punkte des Konzepts im Überblick:

 

POLIZEI:

 

Die Polizei soll von 2017 bis 2020 um insgesamt 2000 Stellen (oder 500 pro Jahr) aufgestockt werden. Beispielsweise wird es künftig 350 statt derzeit 300 Spezialeinsatzkräfte geben. Auch Observationsteams sollen personell verstärkt werden, und es soll mehr Polizisten zum Kampf gegen Cyber-Kriminalität geben. So soll auch das «Darknet» stärker überwacht und kontrolliert werden. Zudem wird die Ausrüstung verbessert: Es gibt schusssichere Helme, neuartige Schutzwesten, modernere Dienstwaffen und gepanzerte Fahrzeuge. Hinzu kommt: Auch die ehrenamtliche Sicherheitswacht soll aufgestockt werden, binnen vier Jahren von rund 770 auf dann 1500 Mitglieder.

 

 

ÜBERWACHUNG:

 

Die Videoüberwachung an Bahnhöfen, in Zügen und auf öffentlichen Plätzen soll ausgebaut werden. Vor allem aber fordert die CSU eine deutliche Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung: Wie Telefonunternehmen sollen auch Anbieter von E-Mail-Diensten und sozialen Medien verpflichtet werden, Verkehrsdaten zu speichern. Zudem soll die Frist zur Speicherung der Daten von zehn Wochen «deutlich» gesteigert werden – und der Straftaten-Katalog für den Zugriff auf die Daten soll erweitert werden. Als Beispiel nannten die zuständigen Minister den Tatbestand der Terrorismusfinanzierung.

 

JUSTIZ:

 

Auch die Justiz bekommt mehr Personal, es gibt rund 270 neue Stellen. Beispielsweise soll es bei der Generalstaatsanwaltschaft München eine «Zentralstelle Extremismus» geben. Staatsanwaltschaften und Gerichte werden gestärkt, unter anderem soll das Münchner Oberlandesgericht einen weiteren Staatsschutzsenat bekommen.

 

BUNDESWEHR:

 

Der Einsatz der Bundeswehr im Innern zur Abwehr von Terrorgefahren und zur Grenzsicherung soll nach dem Willen der CSU auch über bereits bestehende Möglichkeiten hinaus erleichtert werden. Um das klarzustellen, fordert die CSU eine Grundgesetzänderung

 

 

ZUWANDERUNG:

 

Die Staatsregierung erneuert ihre Forderung nach einer Obergrenze für neue Flüchtlinge von 200 000 pro Jahr. Eine weiterer zentraler Punkt lautet: Wer ohne Papiere einreist oder seine Identität nicht belegen kann, soll an den Grenzen «zunächst festgehalten werden und gegebenenfalls zurückgewiesen werden». In dem Zusammenhang erneuert das Kabinett die Forderung nach «Transitzentren» für solche Flüchtlinge. Überschreitet die Zahl neuer Flüchtlinge die von der CSU geforderte Obergrenze, sollen weitere Flüchtlinge, die aus einem sicheren Nachbarland einreisen wollen, abgewiesen werden. Grundsätzlich soll es keine unkontrollierten Einreisen mehr geben.

 

ABSCHIEBUNGEN:

 

Ausländische Straftäter sollen nach dem Willen der Staatsregierung schneller abgeschoben werden – auch in Krisengebiete. Die Argumentation lautet: Auch in einem Land wie Afghanistan gebe es Gegenden, in die man abgelehnte Asylbewerber zurückschicken könne.

 

ASYLBEWERBER:

 

Asyl sollte nach dem Willen Bayerns nur gewährt werden, wenn es vorher eine mündliche Anhörung gab. «Bloße schriftliche Anhörungen dürfen nicht mehr genügen.» Anerkannte Asylbewerber, bei denen es keine mündliche Anhörung gab, sollen – so die Forderung – «nachträglich unter Sicherheitsgesichtspunkten überprüft werden».

 

EXTREMISTEN:

 

Verurteilte Extremisten, von denen weiter eine Gefahr ausgeht, sollen mit elektronischen Fußfesseln überwacht werden. Die Sympathiewerbung für terroristische und kriminelle Vereinigungen soll nach dem Willen der CSU wieder unter Strafe gestellt werden.

 

 

INTEGRATION/PRÄVENTION:

 

Die Staatsregierung schafft einen «Krisendienst» für Menschen in psychischen Notlagen. Hoch spezialisierte Berater sollen Betroffenen und deren Angehörigen bayernweit und rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Darüber hinaus sollen bayernweit «Präventionsstrukturen» aufgebaut werden, um das Umfeld von «Gefährdern» zu stabilisieren. Auch im Internet soll versucht werden, der Radikalisierung von Jugendlichen vorzubeugen.

 

STRAFRECHT:

 

Die CSU fordert, dass gewalttätige Angriffe auf Polizisten und Rettungskräfte härter bestraft werden: Das Strafmaß soll auf mindestens sechs Monate bis hin zu fünf Jahren steigen. Wohnungseinbruchdiebstähle sollen durchweg hart bestraft werden, es soll dabei strafrechtlich keine minder schweren Fälle mehr geben.

 

TÜRKEI:

 

Die Staatsregierung fordert angesichts der Entwicklungen in der Türkei den Stopp der EU-Beitrittsverhandlungen mit dem Land.

 

FLUCHTURSACHEN:

 

Das Kabinett will sich bei der Bekämpfung von Fluchtursachen stärker engagieren. Summen blieben zunächst offen.

 

Innenminister Herrmann rechtfertigte all diese Maßnahmen. «Der islamistische Terrorismus ist bei uns in Bayern leider angekommen», erklärte er und betonte: «Wir kämpfen für mehr Befugnisse für den Rechtsstaat, damit er nicht hinter den Möglichkeiten seiner Feinde zurückbleibt.» Justizminister Winfried Bausback (CSU) sagte, nur «Sozialromantiker» könnten davon ausgehen, dass es ausreiche, mit mehr Psychologen und Hilfe auf die Herausforderungen zu reagieren.

 

(dpa/lby)

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