München – Nach der Aufhebung polizeilicher Kontrollen am Budapester Ostbahnhof strömen weiter zahllose Flüchtlinge aus Ungarn nach Österreich und Deutschland. Bis zu 2000 Menschen reisten allein am Dienstagmorgen vom Salzburger Hauptbahnhof aus mit Zügen nach Bayern.
Die meisten von ihnen hätten die Nacht auf dem Bahnhof verbracht, um auf Anschlussverbindungen zu warten, teilte eine Polizei-Sprecherin der österreichischen Nachrichtenagentur APA mit. Wegen der Menschenmassen ist aktuell auch der Vorplatz am Münchner Hauptbahnhof stark überlastet. Verantwortliche versuchen die vielen Menschen, die gerade ankommen mit Bussen weiter zu transportieren. Die Feuerwehr unterstützt dabei, die Menschen mit Trinkwasser zu versorgen.
Die Menschen – unter ihnen viele Familien mit Kindern – waren aus Ungarn über Wien nach Salzburg gekommen, von wo es am späten Montagabend keine Zugverbindungen mehr nach München gab. Sie wurden auf dem Bahnhof vom Roten Kreuz und anderen Hilfsorganisationen betreut. Lediglich drei der Flüchtlinge haben in Salzburg laut Behördenangaben um Asyl nachgesucht, während alle anderen nach Deutschland wollten. Seit 04.oo Uhr früh sind die Züge nun unterwegs und fahren nach und nach in den Münchner Hauptbahnhof ein.
Zeitweise versuchte die ungarische Polizei die Menschenmassen an der Weiterfahrt zu hindern. Am Montag brachen schließlich die Dämme und die Flüchtlinge durften die Züge in Richtung Westen ungehindert besteigen.
Im ersten Zug, welcher am Montagabend eintraf, befanden sich nahezu 400 Flüchtlinge. Die Hälfte trat die Weiterreise nach München an. Der Rest wurde in Rosenheim abgesetzt und in eine ehemalige Kaserne zur Registrierung gebracht. Die dpa meldet für heute weitere Anreisen von Flüchtlingen.
Faktencheck:
Auch die sozialen Netzwerke werden überhäuft von Kommentaren in denen gegen Flüchtlinge gehetzt wird. Ein erschreckend großer Teil davon ist allerdings nichts anderes als Stammtischparole und zeugt von Unwissenheit, rechtem Gedankengut und falschen Informationen. Deshalb hier ein kleiner Faktencheck, der sich ständig wiederholenden Aussagen:
Ja, Flüchtlinge haben Smartphones.
Immer häufiger tauchen im Internet Beschwerden über „entdeckte“ Flüchtlinge mit Handys am Ohr auf. Doch wahrscheinlich benötigen derzeit diese Menschen ihr Smartphone noch dringlicher als wir Deutschen. Davon abgesehen, dass die Flüchtlinge auch ein Leben vor ihrer notgedrungenen Flucht hatten, ist es die einzige Schnittstelle zu ihrer Verwandschaft, Informationsquelle für einen Schlafplatz oder Plangeber für ihre nächste Station auf dem Fluchtweg.
„Echten Flüchtlingen helfen wir gerne, die Meisten sind aber sowieso Wirtschaftsflüchtlinge und Schmarotzer“
Tatsächlich kamen dieses Jahr bisher die meisten Flüchtlinge aus der Kosovo-Region, diese allerdings haben tatsächlich meist keinen Anspruch auf Asyl und werden deshalb auch „so schnell wie möglich“ wieder ausgewiesen. An zweiter Stelle folgen die Flüchtlinge aus Syrien, wo schreckliche Bürgerkriege herrschen und bei Kämpfen zwischen Regierungstruppen und der IS-Terrormiliz tausende Menschen ums Leben kommen. Darunter auch viele Zivilisten.
„Wären es echte Flüchtling, würden nicht nur die Männer kommen.“
Knapp 2/3 der Flüchtlinge, die hier ankommen, sind Männer. Wenn man allerdings über Wüste, Mittelmeer und halb Europa flieht, ist das auch eine körperliche Anstrengung. Deshalb ist i.d.R. das stärkste Familienmitglied das erste, das das auf sich nimmt. (bzw. das Familienmitglied, das die besten Chancen hat, die Familie weiterhin zu unterstützen oder ggf. auch nachzuholen) Gerade der Weg über das Mittelmeer ist eine sehr große Gefahr, die viele Väter erst sich selbst zumuten, bevor es ihre Frauen und Kinder tun. Wenn man jetzt in die Flüchtlingslager nahe den Krisengebieten genauer unter die Lupe nimmt, dann ist das genau umgekehrt, also der Frauenanteil höher. Es ist also falsch, dass nur die Männer fliehen, es kommen nur prozentual mehr in Europa an.
Video: Prognose: Aktuelle Zahlen rund um das Thema Flüchtlinge
„Die Flüchtlinge bekommen das Geld hinterhergeschmissen“
Die Regelsätze für Asylbewerber liegen mit 362 Euro monatlich unter denen von Hartz4. Zumal man bedenken muss, das davon noch einmal bis zu 60 Prozent abgezogen werden, was meist auch der Fall ist. (für Unterkunft, Strom, Wasser und Heizung). Übrig bleiben dann 140 Euro im Monat, was weniger als 5 Euro am Tag entspricht. Offiziell stehen einem Flüchtling etwa 6 Quadratmeter für die Unterbringung zu. Wegen der hohen Anzahl an Flüchtlingen muss oft gerade mal ein Bett ausreichen.
Bericht: ScRi