Di., 08.11.2016 , 09:27 Uhr

Pfarrer von Zorneding mit Mord bedroht – Rassist verurteilt

Er kam um seinen Prozess nicht herum. Nachdem er zum ersten Termin nicht erschienen war, musste sich ein Rassist nun doch noch wegen Volksverhetzung und Bedrohung vor Gericht verantworten. Der Rentner soll dem dunkelhäutigen Pfarrer von Zorneding mit Mord gedroht haben.

 

 

Mancher Zuhörer im Sitzungssaal musste schmunzeln, auch wenn es im Prozess um nicht weniger als Morddrohungen gegen einen dunkelhäutigen katholischen Priester ging. Doch Zornedings Ex-Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende selbst blieb bei der Belehrung der Richterin ernst, dass er wahrheitsgemäß aussagen müsse – ausgerechnet er als Mann der Kirche. Ndjimbi-Tshiende war als Zeuge geladen und wegen einer gegen ihn gerichteten rassistischen Hetze zu trauriger Berühmtheit gelangt.

 

Vor dem Amtsgericht Ebersberg musste sich deshalb am Montag ein 74 Jahre alter Rentner wegen Volksverhetzung, Bedrohung und Beleidigung verantworten. Dem ersten Verhandlungstermin vor drei Wochen war der Angeklagte unentschuldigt ferngeblieben, weshalb ihn das Gericht in Untersuchungshaft schickte. Das Gericht verurteilte ihn jetzt zu zehn Monaten Haft auf Bewährung.

 

Mehr als vier Stunden verhandelte das Gericht über die Frage, ob der als Rassist einschlägig bekannte Mann aus München dem Geistlichen zwischen November 2015 und März 2016 tatsächlich zwei Postkarten mit rassistisch motivierten Morddrohungen geschickt hatte. Die zweite Karte wurde in einem Briefzentrum abgefangen und erreichte den 67-Jährigen nicht.

 

In seiner Anklageschrift hatte Staatsanwalt Alexander Strafner zu Prozessbeginn erschütternde Sätze aus den Postkarten verlesen. „Wir werden Dich auslöschen“ oder „Wir schicken Dich in die Hölle“ stand darin zu lesen, jeweils garniert mit übelsten ausländerfeindlichen Begriffen. Am schlimmsten aber wiegt nach Aussage der Anklagevertretung die Drohung: „Wir schicken Dich nach Auschwitz.“

 

Das Opfer ließ als Zeuge dann auch keinen Zweifel daran, dass er dies als Morddrohung auffasste. Er habe das so verstanden, „dass ich umgebracht werden soll“. Vor allem bei Gottesdiensten in entlegenen Kirchen der nahe München gelegenen Pfarrei habe er um sein Leben gefürchtet und mitunter Freunde zur Begleitung mitgenommen. Entnervt von den Drohungen kündigte der Priester seine Pfarrstelle im Frühjahr auf. Nach einer mehrmonatigen Auszeit forscht Ndjimbi-Tshiende seit kurzem an der Katholischen Universität in Eichstätt.

 

Anfangs hatte der Angeklagte noch geschwiegen, doch nach den Sachverständigengutachten sagte er dann doch: „Solch eine krakelige Schrift habe ich nicht.“ Die Experten unter anderem vom Landeskriminalamt in München hatten dem 74-Jährigen das Verfassen der Postkarten jedoch eindeutig zugeordnet.

 

Verteidigerin Angelika Haucke-D’Aiello sah Volksverhetzung bei ihrem Mandanten nicht als gegeben an, wohl aber Beleidigung und Bedrohung. Sie gab dem Ex-Pfarrer nach dessen Zeugenaussage die Hand und sagte: „Ich würde Ihnen gerne als bayerische Bürgerin sagen, dass es mir sehr leid tut.“ Dazu zog sie ihre Robe aus, um zu signalisieren, dass sie diese Entschuldigung als Privatperson und nicht als Anwältin des Angeklagten aussprach.

 

Der Staatsanwalt forderte eine Bewährungsstrafe von 14 Monaten wegen Volksverhetzung, Bedrohung und Beleidigung, die Verteidigerin eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je zehn Euro.

 

Die rassistische Hetze gegen den Pfarrer von Zorneding bei München hatte bis ins Ausland hohe Wellen geschlagen. Auslöser der Bedrohungen waren fremdenfeindliche Äußerungen der Zornedinger Gemeinderätin Sylvia Boher (CSU) gewesen, die der Pfarrer scharf verurteilte. Erst daraufhin gingen die Drohschreiben im Pfarramt ein. Viele Menschen solidarisierten sich mit dem dunkelhäutigen Priester. Es gab eine Lichterkette in Zorneding. Eine Online-Petition „Unser Pfarrer soll in Zorneding bleiben“ unterschrieben über 65 000 Menschen.

 

dpa

Amtsgericht Bedrohung Beleidigung bewährung Ex-Pfarrer Gericht Haft Mord Morddrohung Opfer Pfarrer Rassismus Rassist Rentner volksverhetzung Zorneding

Das könnte Dich auch interessieren

14.02.2025 Bundesanwaltschaft übernimmt Ermittlungen zu Auto-Anschlag Die Bundesanwaltschaft hat die Ermittlungen zu dem Anschlag in München mit 37 Verletzten übernommen. Die Karlsruher Behörde erklärt das mit der besonderen Bedeutung des Falls und einem möglichen Angriff auf die freiheitliche demokratische Grundordnung.   Wegen der besonderen Bedeutung des Falls hat jetzt die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen zu dem Anschlag auf Demonstranten in München mit 14.02.2025 Anlaufstellen für Betroffene und Zeugen Nach dem Anschlag in München am Donnerstag, den 13. Februar 2025, stehen verschiedene Hilfsangebote für Opfer, Angehörige und Trauernde zur Verfügung: Nach dem tragischen Anschlag in München steht der Kriseninterventionsdienst RUF24 der Stiftung AKM bereit, um Betroffenen und lebensbedrohlich verletzten Menschen Unterstützung zu bieten. Das Krisentelefon ist 24-Stunden jederzeit erreichbar: 0157 733 11 110 Außerdem 03.12.2025 Warum die Haustür wichtiger ist als Sie denken Die Polizeiliche Kriminalstatistik 2024 zeigt: Einbrecher nutzen überwiegend leicht erreichbare Fenster und Fenstertüren, doch auch Haustüren (https://oknoplast.de/haustueren/) sind häufige Angriffsziele. Entscheidend ist die Widerstandsdauer. RC2-Türen halten einem Einbruchsversuch mindestens drei Minuten stand, RC3-Türen mindestens fünf Minuten. Das klingt nach wenig Zeit, doch genau diese Minuten machen den Unterschied: Die meisten Gelegenheitstäter geben bereits nach wenigen 02.12.2025 Pferdesport im Aufwind: Moderne Strategien für gesunde, leistungsstarke Turnierpferde Der Pferdesport erlebt in den vergangenen Jahren einen spürbaren Wandel. Turnierplätze, Trainingsanlagen und Reitställe sind nicht mehr nur Orte, an denen sportliche Höchstleistungen erwartet werden, sondern auch Schauplätze eines neuen Verantwortungsbewusstseins. Im Mittelpunkt stehen Sportpferde, die als Hochleistungssportler gelten und entsprechend umsichtig betreut werden. Gesundheit, Wohlbefinden und mentale Ausgeglichenheit sind zu zentralen Messgrößen geworden –