Nach dem Anschlag in Berlin erhöht der Bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer den Druck auf Bundeskanzlerin Angela Merkel bezüglich ihrer Flüchtlingspolitik. Ein für Februar geplantes Treffen stellte die CSU nun unter Vorbehalt. Die CSU wird unterdessen für ihr Verhalten heftig kritisiert.
Normalerweise gilt bei noch nicht nachgewiesenen Verbrechen die Etikette der Zurückhaltung. Horst Seehofer und das Führungsgremium der CSU haben nach dem Attentat von Berlin ziemlich direkt einen anderen Ton angeschlagen. Und weil er glaubte zu wissen, auf welche Botschaft die Menschen nach dem Berlin-Anschlag warteten, sagte er direkt nach der Tat: „Wir sind es den Opfern, den Betroffenen und der gesamten Bevölkerung schuldig, dass wir unsere gesamte Zuwanderungs- und Sicherheitspolitik überdenken und neu justieren“. Nun hat sich Seehofer nach mehrfacher und massiver Kritik geäußert.
Gemeint sei nicht die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). „Wir haben nach dem Anschlag in Berlin die Kanzlerin nicht kritisiert. Wir haben aber deutlich gemacht, dass es neben Trauer aber auch um Konsequenzen für die Sicherheits- und Flüchtlingspolitik geht“, sagte Seehofer der „Welt“ am Donnerstag.
Zudem zeigte sich Seehofer überrascht darüber, dass seine Aussagen als Drohung gedeutet wurden, das Treffen der Präsidien von CDU und CSU Anfang Februar in München abzusagen. Zuvor hatte die CSU ein für Februar geplantes Treffen zwischen CSU und CDU mit den Worten kommentiert, dass vorher entscheidende Fragen in der Zuwanderungs- und in der Sicherheitspolitik geklärt werden müssten. Ansonsten mache das Treffen keinen Sinn, hieß es am Dienstag.
Gleichzeitig betonte Seehofer weiter, dass ein verantwortlicher Politiker seinen Blick auch auf die Konsequenzen aus so einem Ereignis richten müsse. „Ich sage: Es gehört zur Pflicht eines Politikers, sich völlig unabhängig vom Täter und seiner Nationalität Gedanken zu machen, wo können wir den Schutz den Schutz der Bevölkerung noch optimieren. Genau darum geht es.“
Von Seiten der CDU kam in den letzten tagen nach Seehofers Äußerungen heftige Kritik. CDU-Vize Armin Laschet sagte in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner spezial“, es sei nicht die „normale Herangehensweise an Politik“, schon vor Ermittlung der Fakten durch die Polizei Schlüsse zu ziehen. Auch die stellvertretende CDU-Chefin Julia Klöckner stellte klar: „Selbst eine Obergrenze gewährleistet doch nicht, dass nur Heilige unter den Flüchtlingen wären“.
Und sogar der in der Flüchtlingspolitik als Hardliner geltende baden-württembergische CDU-Innenminister Thomas Strobl rügte im Südwestrundfunk, dass es zunächst von Seehofer nicht sehr klug gewesen sei, „über eine Person zu spekulieren, von der sich dann herausstellt, dass sie mit der Tat gar nichts zu tun hat.“
Auch Bayerns Finanzminister Markus Söder meldete sich zu dem Thema zu Wort. Nötig sei eine „180-Grad-Wende“. Deutschland habe ihm zufolge nicht nur zeitweise die Kontrolle an den Grenzen verloren, „sondern auch zunehmend Probleme, die Kontrolle über die Straßen und Plätze zu behalten“.
Indes mahnte die saarländische CDU-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer an, nach dem Anschlag von Berlin die gesamte Zuwanderungspolitik neu auszurichten. „Erst aufklären, dann sachlich diskutieren und erst am Ende, falls erforderlich, Gesetze ändern“. Es sei wichtig , dass „wir diese Reihenfolge einhalten und nicht heute bereits voreilige politische Schlüsse ziehen. Wir sollten uns mit schnellen plakativen Forderungen zurückhalten, solange wir nicht alle Fakten kennen.“
kp